Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Deutschen Vorsitz zur Stärkung der OSZE nutzen

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(c) www.osce.org

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Vor 40 Jahren im Sommer 1975 wurde in Helsinki die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) unterzeichnet. Sie markiert einen Wendepunkt in der europäischen Sicherheitsarchitektur. Inmitten des Kalten Kriegs einigten sich beide Blöcke darauf, dass angesichts der latenten Kriegsgefahr Sicherheit nicht allein durch militärische und politische Aspekte gewährleistet werden kann. Neuartig war der mehrdimensionale Sicherheitsansatz, der Wirtschaft und Umwelt genauso einbezog wie eine menschliche Dimension. Unter dem Begriff des Menschlichen hatte man mit Zustimmung der Sowjetunion Grundprinzipien von Demokratie und Menschenrechten verankert. Hierauf konnten sich in der Folge Menschenrechtsgruppen in ganz Osteuropa als Helsinki-Komitees erfolgreich beziehen. Sie halfen so, über die Jahre die diktatorischen Regimes in Osteuropa auszuhöhlen. Die Sowjetunion versuchte ihren Einflussbereich in Osteuropa zu sichern, indem das Prinzip der staatlichen und territorialen Souveränität festgeschrieben wurde. Für die nach der Breschnew-Doktrin de facto nur eingeschränkt souveränen Staaten in Osteuropa sollte so deren Zugehörigkeit zum Warschauer Pakt für alle Zeiten unverrückbar festgeschrieben werden.

1990 nach dem Ende der europäischen Teilung wandelte sich die KSZE zu OSZE. Mit der Charter von Paris wurden die Prinzipien von Helsinki erneuert. Zusätzlich verpflichteten sich alle Teilnehmer der Pariser Konferenz auf die Etablierung von Demokratie und Marktwirtschaft, die damals noch existierende Sowjetunion eingeschlossen.

Im Jahr 2016 übernimmt Deutschland den Vorsitz der OSZE, die nach einem zeitweiligen Bedeutungsverlust durch die Ukraine-Krise wieder zurück in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt und zu einem wichtigen Instrument der Politik geworden ist. Gleichzeitig ist mit der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine das kooperative Sicherheitskonzept der OSZE in eine seiner schwierigsten Krisen geraten.

Unser Antrag lobt die historische Errungenschaft des besonderen und umfassenden Sicherheitskonzepts der OSZE. Wir kritisieren, dass die OSZE nach 1990 immer weiter in die Krise geraten ist. Zum einen war dies Folge fehlender Wertschätzung durch westliche Staaten. Zum anderen litt die OSZE unter permanenten Angriffen aus Russland und weiteren autoritären Regimen vor allem in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion auf die menschliche Dimension und hier insbesondere auf das Warschauer OSZE-Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) und die von ihm durchgeführte Wahlbeobachtung.

In unserem Antrag fordern wir, den OSZE-Prinzipien wieder Geltung zu verschaffen. Denn das mehrdimensionale und kooperative Sicherheitskonzept der OSZE hat wieder besondere Bedeutung erlangt. Für uns Grüne ist dabei besonders wichtig, die menschliche Dimension zu schützen und stark zu machen und eben nicht, wie einige Kommentatoren dies vorgeschlagen haben, die menschliche Dimension in der unbegründeten Hoffnung auf eine Besänftigung des Kremls und auf seine Rückkehr zu Prinzipien staatlicher Souveränität aus der OSZE zu tilgen.

Die OSZE muss den Reformstau der vergangenen beiden Dekaden bewältigen. Unter der Leitung von Wolfgang Ischinger erarbeitet derzeit eine Kommission (Panel of Eminent Persons) Reformvorschläge, die von den Teilnehmerstaaten diskutiert und konstruktiv aufgenommen werden sollten. Außerdem sehen wir die OSZE vor neuen Herausforderungen stehen. Dies gilt ganz konkret für die neuen Aufgaben, die die OSZE mit den Beobachtungsmissionen in der Ost-Ukraine übernommen hat. OSZE-Generalsekretär Lamberto Zannier hat für die Mission in der Ost-Ukraine eine militärische Schutzkomponente etwa in Form einer leichten Bewaffnung der Beobachter zum Selbstschutz und durch unbewaffnete Aufklärungsdrohnen vorgeschlagen. Auch solche Vorschläge gilt es, im Rahmen der Teilnehmerstaaten der OSZE mit aller Sorgfalt zu diskutieren.

Lesen Sie hier den grünen OSZE-Antrag.

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