Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Kundus: Grüne machen Druck

Artikel aus dem Weser-Kurier von Jörg Helge Wagner vom 30.03.10

Fraktion formuliert 15 Fragen an die Bundesregierung

Bremen. Das Verteidigungsministerium in Berlin hat gestern bestätigt, dass man auch mit der Unabhängigen Afghanischen Menschenrechtskommission (AIHRC) verhandeln will, um Opfer des Bombenangriffs von Kundus zu entschädigen. An die AIHRC hatten sich 30 Familien gewandt, die sich ausdrücklich nicht von den Bremer Opferanwälten Karim Popal und Bernhard Docke vertreten lassen wollen. Für die Bundestagsfraktion der Grünen ein Anlass, bei der Bundesregierung mit einer Kleinen Anfrage in 15 Punkten zur Opferentschädigung nachzuhaken.

Die Bremer Abgeordnete Marieluise Beck, die den Katalog maßgeblich formuliert hat, will vor allem sicherstellen, "dass wirklich alle Opfer zu ihrem Recht kommen". Deshalb fragt sie, wie die Bundesregierung mit den Ansprüchen jener 30 Familien umgehen will, die sich nun gemeldet haben. Und wie man sicherstellen will, dass auch "tatsächlich die Hinterbliebenen des Luftschlags profitieren". Die Grünen fragen zudem, ob die Entschädigungsprojekte mit nationalen afghanischen Programmen, dem Wiederaufbauteam der Bundeswehr, der AIHRC oder dem Provinzrat von Kundus abgestimmt sind.

Mit Spannung erwartet man auch Antwort auf die Frage, ob nun von einer deutlich höheren Opferzahl als im Bericht der Nato auszugehen ist - also mehr als 142 Toten. Anwalt Popal sagte bislang, er würde Hinterbliebene von allen 137 getöteten Zivilisten vertreten; die übrigen fünf seien Taliban gewesen. Doch die 30 Familien sprechen von 66 Todesopfern allein aus ihrem Kreis. "Spiegel online" berichtete gestern, darunter fänden sich auch Namen, die von Popal als Mandanten aufgeführt seien. Ob es sich um die gleichen Personen handele, sei unklar. "Von meinen Mandanten ist keiner abgesprungen", betonte Popal gestern. Er habe die Vertretung einiger Menschen ablehnen müssen, weil sie nicht seriös hätten nachweisen können, dass sie zu den Opfern gehörten.

Die Bundesregierung muss die Kleine Anfrage nun innerhalb der nächsten 14 Tage durch das zuständige Ressort beantworten. Das Verteidigungsministerium bemüht sich derweil offenbar, neue Verhandlungspartner zu finden, mit denen auch eine rasche direkte Entschädigung durch Geldzahlungen möglich ist: etwa autorisierte Dorfälteste. Über Popals Projekte - unter anderem ein Waisenhaus, eine Milchgenossenschaft, eine Teppichknüpferei - will man morgen in Berlin mit ihm sprechen.

© Copyright Bremer Tageszeitungen AG Ausgabe: Verdener Nachrichten Seite: 4 Datum: 30.03.2010

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