Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Karzai wirbt für Reintegration und Versöhnung

Marieluise Beck zum gestrigen Besuch des afghanischen Präsidenten Hamid Karzai in Berlin:

'Karzai ist kritisch, aber auch zuversichtlich', fasst die grüne Außenexpertin zusammen. In den letzten 7 Jahren seien Schulen, Krankenhäuser sowie Straßen gebaut worden; das durchschnittliche Einkommen von 150 Dolllar habe sich mehr als verdreifacht. Gleichzeitig warnte der Präsident aber, Geld allein helfe nicht - die Bevölkerung sehne sich nach Sicherheit. Die Menschen wünschten sich mehr sichtbare Autorität und eine stabile Regierung. Karzai versicherte, sein Land sei in vier bis fünf Jahren in der Lage, sich selbst zu verteidigen, durchaus unter Fortbestehen der internationalen Präsenz.

Die Frage danach, wie die deutsche Diskussion um eine Strategie in Afghanistan bewertet würde, beantwortete Karzai mit dem grundlegenden Vertrauen der Bevölkerung in die deutsche Politik: So wie man einen Mercedes oder Porsche blind kaufe, so seien die Menschen sicher, die Strategie der Bundesregierung sei richtig.

Kernstücke, die auf der heute beginnenden Aghanistan-Konferenz in London verhandelt werden sollen, sind die Reintegration der jungen Männer, die sich aus Mangel an Perspektive der Taliban angeschlossen haben. Die internationale Gemeinschaft soll dazu einen Fonds einrichten und Eingliederungsprogramme erstellen. Die Aufgabe der afghanischen Regierung widerrum wird sein die Reconciliation, die Versöhnung mit den Taliban-Kräften, die die Verfassung anerkennen und keinen Kontakt zu Al Quaida oder anderen terroristischen Netzwerken haben. Sogar zu Gesprächen mit Fundamentalisten sei der afghanische Präsident bereit.

'Was das wirklich im Alltag bedeutet, wird sich erst noch zeigen müssen', gibt die Bremerin zu Bedenken. 'Die Unterscheidung zwischen Gut und Böse wird nicht einfach sein. Die Angst vor der Wiederkehr der Terroristen ist groß'. Es bleibt die Frage nach der roten Linie zwischen den Traditionen und der Verfasstheit der afghanischen Gesellschaft, die sich mit ihrer neuen Verfassung den allgemeinen Menschenrechten verpflichtet hat aber auch die Sharia als Rechtssystem anerkennt. Die Erfahrung zeigt, dass die Frauen bei der Verletzung von Menschenrechten die Verletztlichsten sind.  'Vor allem auch sie zu schützen, muss die Leitlinie für alle anstehenden Entscheidungen sein', fodert Marieluise Beck.

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