Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Antwort der Bunderegierung zu Serbiens Doppelrolle in Bosnien

Die nationalistische Blockadepolitik in Bosnien und Herzegowina wurde über Jahre durch die Unterstützung Kroatiens und Serbiens für die nationalistischen Politiker ihrer Volksgruppen im Nachbarland genährt. Um so erfreulicher sind die klaren Worte des neuen kroatischen Präsidenten Josipovic, der die bosnischen Kroaten an ihre Hauptstadt Sarajewo verweist. Auch der serbische Präsident Tadic erklärte mehrfach sein Bekenntnis zur territorialen Integrität Bosnien und Herzegowinas. So Unterzeichnete er im April 2010 in Istanbul eine gemeinsame Erklärung mit dem bosnischen Präsidentschaftsmitglied Silajdzic und dem türkischen Ministerpräsidenten Erdoğan, in der die Wahrung der territorialen Integrität Bosnien und Herzegowinas die erste Forderung darstellt.

Die EU hat die neue konstruktive Rolle Serbiens für regionale Stabilität, die sich auch in einer Srebrenica-Resolution des serbischen Parlaments und durch Einlenken bei einer Kosovo-Resolution der VN-Vollversammlung zeigte, mit einer raschen Visumsbefreiung, Lösung der Blockade bei der Ratifizierung des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens und Weiterleitung des serbischen EU-Beitrittsgesuchs belohnt.

Jedoch handelt die serbische Regierung gleichzeitig im Widerspruch zu ihren öffentlichen Erklärungen. So unterstützten Präsident Tadic und Außenminister Jeremic im bosnischen Wahlkampf zu den allgemeinen Wahlen am 3. Oktober 2010 den serbisch-nationalistischen Politiker Milorad Dodik durch ihre Anwesenheit auf dessen Wahlkampfveranstaltungen. Dodik betreibt seit Jahren als Ministerpräsident der bosnischen Entität Republika Srpska systematisch die Aushöhlung des bosnischen Gesamtstaats und droht immer wieder mit Sezession des serbisch dominierten Landesteils. Bezeichnend war ein Auftritt Tadics auf einer Wahlkampfkundgebung am 29. September 2010 in Doboj, auf der auch die als Kriegsverbrecherin verurteilte Biljana Plavšić und die serbische Sängerin Ceca, Ehefrau des inzwischen verstorbenen berüchtigten Milizenführers Arkan, für Dodik vor das Publikum traten.

Die Teilnahme hoher serbischer Repräsentanten im Wahlkampf des Nachbarlands stellt an sich einen ungewöhnlichen Akt dar. Dass sie dabei ausgerechnet Milorad Dodik unterstützen, lässt die öffentlichen Bekenntnisse der serbischen Regierung zur Wahrnehmung einer konstruktiven Rollen für regionale Stabilität zumindest fragwürdig erscheinen.

Marieluise Beck fragt deshalb die Bundesregierung nach ihrer Bewertung der regionalen Rolle Serbiens. Die Bundesregierung muss bis zum 23. November 2010 antworten.

Marieluise Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Wie bewertet die Bundesregierung die Auftritte des serbischen Präsidenten und Außenministers auf Wahlkampfveranstaltungen im September und Oktober 2010 für Milorad Dodik, der in den vergangenen Jahren als Ministerpräsident der Republika Srpska durch systematische Obstruktionspolitik und Androhung von Sezessionsreferenden den Gesamtstaat Bosnien und Herzegowina zu schwächen suchte, vor dem Hintergrund der Rolle Serbiens beim Bemühen um regionale Stabilität und die Wahrung der territorialen Integrität Bosnien und Herzegowinas, und hält die Bundesregierung ein solches Auftreten hoher serbischer Repräsentanten für eine angemessene Form der Pflege internationaler Beziehungen zwischen Serbien und Bosnien und Herzegowina?

Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Dr. Wolf-Ruthart Born:

Die Republik Serbien und die bosnisch-herzegowinische Entität Republika Srpska unterhalten auf Grundlage des Dayton-Friedensabkommens von 1995 und eines Abkommens über besondere Beziehungen aus dem Jahr 2006 enge politische Kontakte, die ihren Niederschlag auch in hochrangigen Begegnungen finden. Serbien hat sich in der Vergangenheit mit seiner historischen Rolle in Bosnien und Herzegowina verstärkt auseinandergesetzt und sich um eine konstruktive politische Haltung gegenüber Bosnien und Herzegowina bemüht.

Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass Serbien seiner Verantwortung als Signatarstaat des Dayton-Friedensabkommens gerecht werden muss. Dazu gehört auch, dass Serbien insbesondere die bosnisch-serbischen Politiker nachdrücklich zu einer kontruktiven Rolle im Gesamtstaat auffordert. Dies ist regelmäßig Gegenstand bilateraler Gespräche mit der serbischen Regierung.

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