Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Kritik am kasachischen OSZE-Vorsitz

Nach der Übernahme des OSZE–Vorsitzes durch Kasachstan erklären Marieluise Beck, Sprecherin für Osteuropapolitik, und Viola von Cramon, Sprecherin für Auswärtige Beziehungen der EU:

Bereits bei der Entscheidung für den kasachischen Vorsitz war bekannt, dass es in dem zentralasiatischen Land gravierende demokratische und rechtstaatliche Defizite gibt. Die Entscheidung, dennoch Kasachstan den Vorsitz übernehmen zu lassen, war eine Wette auf die Zukunft: Die Teilnehmerstaaten der OSZE setzten darauf, dass Kasachstan sich an den Maßstäben der OSZE messen lassen werde und dadurch die gesamte Region einen Schub hin zu demokratischeren Verhältnissen erfahre. Insofern ist der Vorsitz als Verpflichtung und Aufgabe zu sehen, die Grundsätze der europäischen Wertegemeinschaft zu achten und Demokratie und Menschenrechten einen deutlicheren Stellenwert auch im eigenen Land einzuräumen.

Diese Erwartung wurde bisher jedoch enttäuscht. Im Gegenteil: Während der Vorsitz als Erfolg auf internationaler Bühne gefeiert wird, geraten unabhängige Medien und Opposition wieder verstärkt unter Druck. Dabei nutzt Kasachstan seinen Ressourcenreichtum als Druckmittel, um Kritik an demokratischen Defiziten abzuwehren.

Kasachstan will den Schwerpunkt seines OSZE-Vorsitzes auf den Konflikt in Afghanistan, die Energiesicherheit und einen Dialog der Kulturen legen. Wahrscheinlich soll auch der von Russland angeregte Europäische Sicherheitsvertrag auf die Agenda. Menschenrechte werden hingegen keinen Schwerpunkt bilden.

Die Bundesregierung ist aufgefordert, Kasachstan mit Nachdruck an die mit dem OSZE-Vorsitz und der Istanbul-Charta verbundenen Verpflichtungen zu erinnern. Wenn die Bundesregierung sich dafür ausspricht, das Büro für Demokratie und Menschenrechte (ODIHR) der OSZE zu stärken, ist das zu begrüßen. Denn gerade das ODIHR-Büro ist immer wieder starken Angriffen von Staaten ausgesetzt, denen demokratische Wahlen ein Dorn im Auge sind. Einer Schwächung von ODIHR muss sich demgemäß die Bundesregierung mit aller Kraft entgegenstellen. Weiterhin gilt es, den erweiterten Sicherheitsbegriff der Organisation, der Demokratie und Menschenrechte mit einschließt, zu bewahren.

Bei aller Skepsis gegenüber den inneren Verhältnissen in Kasachstan bleibt dennoch die Hoffnung, dass der Vorsitz der OSZE positive Auswirkungen auf die kasachische Politik haben wird.

Marieluise Beck ist Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der OSZE.

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