Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Frage an die Bundesregierung zur politischen Motivation von Haftbefehlen

In der Vergangenheit stellte Serbien immer wieder nationale und internationale Haftbefehle gegen Staatsbürger Bosnien und Herzegowinas wegen angeblicher Kriegsverbrechen aus. Auch wenn die Betroffenen bereits durch das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag fü unschuldig erklärt wurden, wurde an dieser Praxis festgehalten. Dazu hatte Marieluise Beck bereits im März eine schriftliche Frage an die Bundesregierung gestellt. Diese finden Sie hier.

Vor dem Hintergrund der anstehenden Gespräche über einen möglichen EU-Kandidatenstatus Serbiens interessierte sich Marieluise Beck vor allem für die Auswirkungen dieser Praxis auf diese Verhandlungen und fragte die Bundesregierung:

Marieluise Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Wie beurteilt die Bundesregierung das Vorgehen Serbiens, nationale und internationale Haftbefehle wegen angeblicher Kriegsverbrechen gegen bosnische Staatsbürger auszustellen, obwohl diese vom Haager Tribunal bereits für unschuldig befunden worden sind, und welchen Einfluss hat diese Praxis auf die Verhandlungen über einen möglichen EU-Kandidatenstatus von Serbien?

Dr. Emily Haber , Staatssekretärin im Auswärtigen Amt:

Die Bundesregierung hat bereits an die serbische Regierung appelliert, die derzeitige Praxis mit Blick auf eine Reihe bestehender internationaler Haftbefehle in Verbindung mit Kriegsverbrechen zu überprüfen. Zwar bewirkt die bloße Einstellung von Ermittlungen aus Mangel an Beweisen ohne förmliche Anklageerhebung durch den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien nach dessen Rechtsprechung keinen Strafklageverbrauch für die nationalen Gerichtsbarkeiten (vgl. Entscheidung Fall Tadić vom 14. Novemeber 1995). Dies entspricht dem deutschen Strafprozessrecht, wonach eine Einstellung des Verfahrens nach § 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung ebenfalls nicht zum Strafklageverbrauch führt. Ungeachtet dessen ist der Erlass von Haftbefehlen in diesen Fällen geeignet, das Vertrauen zwischen den Staaten der Region zu untergraben und das Ziel der Aussöhnung der ehemaligen Kriegsparteien und der verstärkten regionalen Kooperation zu gefährden. Die serbische Regierung hat eine Überprüfung der Praxis zugesagt. Die Bundesregierung wird den weiteren Fortgang aufmerksam verfolgen. Gutnachbarschaftliche Beziehungen gehören zu den Voraussetzungen für eine europäische Perspektive Serbiens. 

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