Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Antwort der Bundesregierung zu politischen Gefangenen in Belarus

In Belarus werden die politischen Gefangenen nach stalinistischem Vorbild unter starken Druck gesetzt, um Schuldeingeständnisse zu erlangen. Besonders bedenklich ist der Fall des 21-jährigen Mikita Lichawid, der sich offensichtlich renitent verhält und deswegen einen Großteil seiner Lagerhaft in der Einzelzelle verbringen muss. Dies ist mit der Einschränkung auf einen Hofgang je Woche und gekürzten Essensrationen verbunden. Der Vorsitzende der oppositionellen Jungen Front, Smitzer Daschkewitsch, berichtete über folterähnliche Misshandlungen. Die Angehörigen von Smitzer Bandarenka sind in großer Sorge um dessen Gesundheit, da ihm die von Ärzten empfohlene medizinische Behandlung nach einer Wirbelsäulenoperation versagt wird. Das Rote Kreuz erlangte bislang keinen Zugang zu dem politischen Häftling. Auch der ehemalige Präsidentschaftskandidat Andrei Sannikau zog sich wegen schlechter Umweltbedingungen im Straflager Nowapolatzk eine chronische Atemwegerkrankung zu.

Um angesichts neuer Dialogangebote Lukaschenkas an die Opposition und EU an die Lage der politischen Gefangenen in Belarus zu erinnern, fragte Marieluise Beck die Bundesregierung:

Marieluise Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Welche Kenntnis hat Bundesregierung über die Lage der offensichtlich für die Erlangung von Schuldeingeständnissen unter Druck gesetzten politischen Gefangenen in Belarus, insbesondere von Andrei Sannikau, der sich im Straflager eine chronische Atemwegerkrankung zugezogen haben soll, Mikita Lichawid, der einen Großteil seiner Strafe in Einzelhaft mit erheblich eingeschränkten Hofgängen und Essensrationen verbringen soll, Smitzer Daschkewitsch, der im Straflager systematisch misshandelt werden soll, und Smitzer Bandarenka, der nach einer Wirbelsäulenoperation ohne die notwendigen Rehabilitationsmaßnahmen ins Straflager zurückverlegt worden sein soll, und welche Bedeutung misst die Bundesregierung der Freilassung der politischen Häftlinge für die Beziehungen zwischen der EU und Belarus bei?

Cornelia Pieper, Staatsministerin im Auswärtigen Amt:

Die Bundesregierung hält über die Deutsche Botschaft in Minsk engen und regelmäßigen Kontak zu den Angehörigen der Inhaftierten, einschließlich der von Ihnen genannten Andrej Sannikow, Mikita Lichawid, Smitzer Daschkewitsch und Smitzer Bandarenka. Die leidvollen Umstände, in denen sie derzeit in Straflagern gefangen gehalten werden, und ihr zum Teil kritischer Gesundheitszustand sind der Bundesregierung daher bekannt.

Die Bundesregierung verfolgt die Lage in Belarus und die Situation der dort aus politischen Gründen Inhaftierten sehr genau. Gemeinsam mit ihren Partnern in der EU hat die Bundesregierung wiederholt die sofortige und unbedingte Freilassung und Rehabilitierung aller Inhaftierten gefordert und die Umstände ihrer Gefangenschaft scharf kritisiert. Auch angesichts vereinzelter Freilassungen nach Schuldeingeständnissen in den vergangenen Wochen hat die EU jüngst auf ihrem Außenminister-Treffen in Sopot am 3. September 2011 unmissverständlich deutlich gemacht, dass es keine Wiederaufnahme des Dialogs der EU mit Belarus vor Freilassung aller politischen Gefangenen dort geben wird.

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