Gas wird auf dem Weg zu 100% Erneuerbaren Energien der konventionelle Energieträger sein, von dem wir noch am längsten abhängig sein werden. Doch welche ökologischen, politischen und wirtschaftlichen Bedingungen sind damit verbunden? Diese Frage diskutierten Marieluise Beck (Russlandexpertin und MdB), Dr. Anne Schierenbeck (energie- und klimaschutzpolitische Sprecherin der Grünen Fraktion in der Bremischen Bürgerschaft) und Dr. Heiko Pleines (Forschungsstelle Osteuropa, Universität Bremen) gestern Abend im gut besuchten Café Ambiente.
Anne Schierenbeck machte deutlich, dass wir auch in Bremen weiterhin auf Gas angewiesen sein werden. Erdgas gelte als eine vergleichsweise umweltfreundliche Brückenenergie. Seitdem der Gaspreis nicht mehr an den für Öl gekoppelt sei, spreche auch aus finanzieller Sicht viel für Gas für Stromerzeugung, Antriebe und Heizung. Der Bau eines neuen Gas- und Dampfkraftwerks durch die swb sei deshalb ein wichtiger Schritt, auch vor dem Hintergrund, dass die alten Kohle- und Gaskraftwerke in Bremen in die Jahre gekommen seien und abgeschaltet werden müssten.
Doch woher kommt unser Gas und zu welchen Bedingungen kaufen wir es ein?
Deutschland bezieht heute 41% seiner Gaslieferungen aus Russland. Hinter diesen Lieferungen steckt vor allem der mächtige Staatskonzern Gazprom. Da dieses Unternehmen dem russischen Staat unter anderem als Instrument zur Durchsetzung internationaler Interessen dient, sorgen sich viele um eine zu große Abhängigkeit von Russland. Dr. Heiko Pleines, machte aber deutlich, dass das befürchtete Abhängigkeitsverhältnis zu Russland ein gegenseitiges sei. Russland könne nur entlang seiner Pipelines liefern und sei folglich abhängig davon, dass EU-Staaten russisches Erdgas importieren und nicht zu stark auf Alternativen wie Flüssig- und Schiefergas auf dem sogenannten 'Spot-Markt' zurückgreifen. Für die EU-Länder sei diese alternative Form der Gasbeschaffung attraktiv, da sie nicht mit langfristigen Lieferverträgen verbunden ist. Leider seien Flüssig- und insbesondere Schiefergas jedoch aus ökologischer Sicht sehr problematisch.
Marieluise Beck betonte zudem, dass in den Produktionsländern der Gedanke des Energiesparens noch nicht ausreichend angekommen sei. Neben den ökologischen Aspekten müssten auch Demokratie-, Rechtsstaatlichkeits- und Menschenrechtsstandards in den Produktions- und Transitstaaten berücksichtigt werden.
Auf die Frage, wie wir 'fair gehandeltes' und ökologisch verträgliches Gas erhalten könnten, warf Dr. Heiko Pleines die Idee ein, russische Erdgaslieferungen an Energiesparmaßnahmen in Russland zu koppeln. Dafür müsse die EU mit einer Stimme sprechen und seine Handelsmacht gegenüber Russland ausnutzen.
Die Veranstaltung hat deutlich gemacht, dass das weltweite Gasgeschäft sehr komplex und mit vielen Machtinteressen verbunden ist. Doch es gibt auch Handlungsmöglichkeiten - insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir auch in Zukunft auf Gas angewiesen sein werden -, um Gaslieferungen mit ökologischen sowie sozialen Bedingungen zu verknüpfen.
Text: Christina Müller