Marieluise Beck (Bremen), BÜNDNIS 90 DIE GRÜNEN
Wird sich die Bundesregierung im Zuge des anstehenden Beitritts Kroatiens zur Europäischen Union gegenüber Kroatien für eine Regelung zur Rückgabe von Wohneigentum einsetzen, das durch Enteignungen durch den vom deutschen NS-Regime abhängigen faschistischen Ustaša-Staat und später durch das sozialistische Jugoslawien in den Besitz des heutigen kroatischen Staats gelangte, auch angesichts der Tatsache, dass hiervon auch nach Deutschland ausgewanderte jüdische Familien betroffen sind, und falls nicht, wie begründet
die Bundesregierung ihre Haltung?
Antwort der Staatssekretärin Dr. Emily Haber
vom 19. Dezember 2012
Der Regierung Kroatiens sind die Entschädigungsinteressen deutscher Alteigentümer und ihrer Rechtsnachfolger bekannt. Grundlage einer jeglichen Entschädigung oder Restitution ist das kroatische Entschädigungsgesetz in seiner Fassung von 2002. Dieses sieht eine Entschädigungsmöglichkeit auch für ausländische Staatsangehörige vor, wenn ein zwischenstaatliches bilaterales Abkommen vorliegt. Zwischen Deutschland und der Republik Kroatien liegt ein entsprechendes Abkommen nicht vor. In seinem Urteil vom 26. Mai 2010 hat der kroatische Oberste Gerichtshof das dortige Entschädigungsgesetz weiter dahin gehend ausgelegt, dass „Anspruch auf Entschädigung alle ausländischen natürlichen Personen genießen, für deren enteignetes Vermögen die Frage der Entschädigung nicht durch zwischenstaatliche Abkommen geregelt“ ist. Ein Änderungsgesetz zum Entschädigungsgesetz, das diese Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs berücksichtigt, ist vom kroatischen Justizministerium seit
2010 geplant, aber bislang nicht verabschiedet worden. Es ist davon auszugehen, dass Entschädigungsansprüche nach kroatischem Recht zu beurteilen sind bzw. nach dem Recht der ehemaligen jugoslawischen Republik. Angesichts der historischen Verantwortung Deutschlands und des überragenden Interesses der Bundesrepublik Deutschland am Ausbau eines friedlichen und vereinten Europas stellt die Bundesregierung in diesem Zusammenhang keine Forderungen an die kroatische Regierung. Dies gilt auch für den Kontext der Beitrittsverhandlungen zwischen der Europäischen
Union und Kroatien.