Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Olympisches Gold auf Kosten der Umwelt

Die Vergabe der Olympischen Winterspiele 2014 ans russische Sotschi nimmt die Zerstörung unberührter Natur in Kauf

Wladimir Putins persönlicher Einsatz hat sich ausgezahlt: Keine Mühen hatte der russische Präsident gescheut, war zu PR-Zwecken auf die Skier gestiegen und bis nach Guatemala gejettet, um den Sieg seines Urlaubsdomizils Sotschi am Schwarzen Meer über die Mitstreiter Salzburg und Pyeonchang sicherzustellen. Am Ende fiel die Entscheidung knapp mit 51 zu 47 Stimmen für die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2014 im russischen Kaukasus.

Investitionen in Höhe von 12 Milliarden Dollar garantieren satte Aufträge für Russlands Oligarchen, denn der gesamte Olympiapark muss erst noch gebaut werden. Den Mitgliedern des Internationalen Olympischen Komitees reichten offensichtlich die virtuellen Bilder der zukünftigen Skianlagen, Potemkinsche Fassaden, wie Kommentatoren sie bezeichneten.

Die ersten Olympischen Winterspiele auf russischem Boden werden damit Realität – ein persönlicher Triumph für Putin, aber eine ökologische Katastrophe für die Region.

Die Warnungen von Umweltschützern und ihre Appelle an das IOC, den Zuschlag nicht an Sotschi zu vergeben, blieben ungehört. Sieben der geplanten olympischen Objekte liegen im unberührten Nationalpark Sotschi, auch das kaukasische Biosphärenreservat, ein Weltnaturerbe, wird von den Bauarbeiten betroffen sein. Es droht damit die Zerstörung einzigartiger Landschaften, sogar die Zwangsumsiedlung ihrer Einwohner. Die staatliche Umweltexpertise hatte das Olympia-Projekt am 18. April 2007 mit einigen unwesentlichen Empfehlungen gebilligt – ein Zeichen dafür, wie weit diese Institution an Bedeutung verloren hat. Der Entscheid wirkte ohnehin symbolisch, denn der Staatskonzern Gazprom hatte zuvor schon mit der Rodung des Waldes bei Sotschi begonnen.

Die politischen Folgen dieser Entscheidung für die Region und für Russland insgesamt sind schwer abzusehen. Warnungen, die Putinsche Politik könne dadurch international legitimiert werden, mögen übertrieben sein, sind aber nicht gänzlich von der Hand zu weisen. Schließlich ist die Entstehungsgeschichte des Projekts Sotschi 2014 symptomatisch für politische Entscheidungsprozesse im heutigen Russland.

Der Wille des Präsidenten wird umgesetzt, dabei gibt es kaum Raum für eine kontroverse öffentliche Debatte und erst recht nicht für Umweltbedenken oder soziale Aspekte. Das IOC hat einem solchen Prozess durch seine Entscheidung zum Erfolg verholfen. Der Lohn dafür dürfte nicht allzu lang auf sich warten lassen: Schon ist Gazprom als zukünftiger IOC-Sponsor im Gespräch.

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