Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Antwort der Bundesregierung zu Interpols Zusammenarbeit mit Belarus

Mitte März 2012 wurden in Belarus Wladislaw Kowaljow und Dmitry Konowalow trotz internationaler Proteste hingerichtet. Ihnen wurde der Bombenanschlag auf die Minsker Metro im April 2011 zur Last gelegt, bei dem 15 Menschen starben. An der Schuld der hingerichteten bestehen schwerste Zweifel. Der Prozess war eine einzige Farce.

Schon frühzeitig war Interpol an den Ermittlungen beteiligt. Die internationale Organisation bestätigte bereits im Mai 2011 indirekt und öffentlich die Täterschaft der angeblichen Tatverdächtigen, obwohl die Herkunft der ihr ausgehändigten Beweismittel nicht überprüfbar war. Da der Prozess gegen die Angeklagten noch nicht einmal begonnen hatte, wurde zudem in grober Weise gegen der Grundsatz der Unschuldsvermutung verstoßen.

Im Zentrum der Kritik steht der Generalsekretär von Interpol, Ronald K. Noble, der im Januar 2012 den belarussischen Minister zur Unterzeichnung eines Abkommens ins Interpol-Hauptquartier nach Lyon einlud. Frankreich wurde auf diese Weise gezwungen, dem wegen schwerer Menschenrechtsverletzungen mit einem Visabann belegten Minister ein Visum zu erteilen.

Alexander Lukaschenko rechtfertigte die Hinrichtungen am 22. März 2012 in eine Interview mit dem russischen TV-Sender Russia Today damit, dass Interpol den Prozess begleitet und zu keinem Zeitpunkt Zweifel geäußert habe.

Marieluise Beck fragt die Bundesregierung nach ihrer Kenntnis der genannten Vorgänge. Die Bundesregierung muss bis zum 6. April 2012 antworten.

Marieluise Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

Kann die Bundesregierung bestätigen, dass der Generalsekretär von Interpol, Ronald K. Noble, am 12. und 13. Mai 2011 zu einem Treffen mit dem belarussischen Innenminister nach Minsk fuhr, obwohl EU und Europarat bereits hochrangige Kontakte mit Belarus wegen der brutalen Niederschlagung der Proteste gegen Wahlfälschung am 19. Dezember 2010 eingefroren hatten, und welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Beteiligung von Interpol an den Ermittlungen gegen die vermutlich unschuldig hingerichteten Wladislaw Kowaljow und Dmitrij Konowalow, an deren Schuld Interpol zu keiner Zeit Zweifel geäußert haben soll, wie Alexander Lukaschenko am 22. März 2012 im Interview mit dem russischen Fernsehsender Russia Today behauptete?

Klaus-Dieter Fritsche, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern:

Der Bundesregierung ist bekannt, dass der Generalsekretär von IKPO-Interpol während der 40. Europäischen Regionalkonferenz der IKPO-Interpol in Malta (11.-13. Mai 2011) am 12. Mai 2011 kurzfristig nach Belarus reiste, um Gespräche mit den dortigen Sicherheitsbehörden zu führen. Zu Anlass und Inhalt der Reise wird auf die beigefügte Pressemitteilung von IKPO-Interpol vom 12. Mai 2011 ( Anlage ) verwiesen.

Das Bundeskriminalamt hat den Generalsekretär von IKPO-Interpol vor dem Hintergrund der bekannten demokratischen Defizite in Belarus und der bestehenden EU-Sanktionen gegen das Land ausdrücklich auf die politische Brisanz seines Besuchs in Minsk hingewiesen- Es gibt keinen förmlichen Beschluss der EU, hochrangige Kontakte mit Belarus einzufrieren.

Zur Zusammenarbeit zwischen IKPO-Interpol und den belarussischen Sicherheitsbehörden mit Bezug zu dem Anschlag am 11.04.2011 in Minsk liegen der Bundesregierung keine Informationen vor, die über die beigefügte Presseerklärung von IKPO-Interpol ( Anlage ) vom 13. Mai 2011 hinausgehen.

Kategorie: 
Thema: