Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Mit MEMORIAL beim Bundesamt für Flüchtlinge

Damit tschetschenische Flüchtlinge auch als solche in Deutschland anerkannt werden und nicht wieder nach Russland abgeschoben werden, besuchte Swetlana Gannuschkina von der russischen Menschenrechtsorganisation MEMORIAL am 25. September 2006 das Bundesamt für Flüchtlinge und Migration in Nürnberg. Um diesem Anliegen mehr Nachdruck zu verleihen, begleiteten die Abgeordnete Marieluise Beck, Mitglied im Auswärtigen Ausschuss, und der Übersetzer Bernhard Clasen Frau Gannuschkina zu diesem Termin.

Swetlana Gannuschkina ist eine unermüdliche Kämpferin für Menschenrechte,  Rechtsstaatlichkeit und Freiheit. Seit vielen Jahren widersteht sie zusammen mit der Gruppe MEMORIAL mit großer Klugheit, Zähigkeit und Kraft dem Wunsch Russlands, den schmutzigen Krieg in Tschetschenien vergessen zu machen. Mit akribischer Genauigkeit versucht die Gruppe MEMORIAL, jeden Fall von Entführung, Verschwindenlassen, Mord, Schutzgelderpressung und Willkür so detailliert zu belegen, dass diese Verbrechen als unwiderlegbare Tatsachen anerkannt werden müssen.

Nur vordergründig scheint sich mit dem System Kadyrow das Land beruhigt zu haben. Zwar wird in der Stadt Grosny wieder gebaut, aber die Regierung Kadyow ist ein korruptes System von Schutzgelderpressung, mafioser Machtausübung und Verbrechen. Dazu kommen die Übergriffe von russischen Militärs, paramilitärische Angriffe auf die Bevölkerung und „bloße“ Kriminalität. Das geschundene Volk versucht in dieser Umgebung von Zerstörung und Gewalt zu überleben.

Der Besuch von Swetlana Gannuschkina im Bundesamt für Flüchtlinge und Migration diente der Unterrichtung der Behörde, die zu entscheiden hat, inwieweit und welche Menschen aus Tschetschenien als schutzbedürftig anerkannt werden. Dazu legte sie einen sehr sorgfältigen und detaillierten Bericht vor, der auch dem Ausschuss für Migration der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Straßburg vorgestellt werden wird.

Neben der alltäglichen Gewalt gilt für die Tschetschenen vor allem ein Leben in Willkür. Innerhalb Russlands gibt es keine belastbare Fluchtalternative, denn zumeist wird die Registrierung durch die örtlichen Behörden verweigert, was dann faktisch zu einem Leben in der Illegalität führt. In Tschetschenien selbst gibt es die entsprechenden Papiere nur nach Zahlung hoher Bestechungsgelder, wenn überhaupt. Die allgemeine Diskriminierung der Tschetschenen nimmt zudem in ganz Russland in alarmierender Weise zu.

Das kleine Tschetschenien darf nicht vergessen werden, nur weil die westliche Staatengemeinschaft den Konflikt mit Putin scheut und ihn für eigene Interessen (Energieabkommen) braucht. Hier wird sich zeigen, ob die von der Kanzlerin angesagte strategische Partnerschaft tatsächlich auch menschenrechtliche Fragen auf der Agenda hält.

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