Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Antworten der Bundesregierung zum Auschluss von Tschernobyl-Organisationen aus dem Zivilgesellschaftsforum der EU

Mitte November traf sich zum ersten Mal das Zivilgesellschaftsforum der Östlichen Partnerschaft der EU. Zur im Mai begründeten neuen Ostpolitik der EU war neben den Gipfeln und Arbeitsgruppen auf Regierungsebene auch dieses Forum eingerichtet worden, um der Zivilgesellschaft eine angemessene Teilhabe zu ermöglichen. Der Aufforderung zur Bewerbung für die Mitwirkung im Forum waren über 400 Nichtregierungsorganisationen aus den sechs osteuropäischen Partnerländern und der EU nachgekommen. Der Lenkungsausschuss des Forums beschloss, 220 Organisationen einzuladen und legte hierfür einen Länderschlüssel vor, der sich an der Größe der Länder orientierte.

Über diesen Länderschlüssel hinaus wurden allerdings keine weiteren Kriterien bekannt gegeben, die zur Auswahl der 220 eingeladenen Organisationen führten. Es gab keine Möglichkeit, die Auswahl anzufechten. Zudem wurde die Liste aller eingeladenen Organisationen nur den Eingeladenen selbst mitgeteilt.

Ein Grund für diesen Mangel an Transparenz ist nicht ersichtlich. Auffällig ist jedoch, dass keine einzige Organisation aus dem Bereich der Hilfsorganisationen für die Kinder von Tschernobyl eingeladen wurden, ob wohl sie exemplarisch für zivilgesellschaftliches Engagement in der von der Östlichen Partnerschaft betroffenen Region stehen.

Marieluise Beck stellte hierzu Fragen an die Bundesregierung:

Marieluise Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

1. Nach welchen Kriterien über den Länderschlüssel hinaus wurde nach Kenntnis der Bundesregierung aus den 439 Bewerbungen von Nichtregierungsorganisationen zur Mitarbeit im Zivilgesellschaftsforum der Östlichen Partnerschaft die Auswahl der eingeladenen 220 Organisationen getroffen und aus welchem Grund ist die Liste der Teilnehmer nur den eingeladenen Organisationen selbst bekannt gegeben worden?

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt:

Das Zivilgesellschaftsforum der Östlichen Partnerschaft wurde von der Europäischen Kommission in Zusammenarbeit mit der EU-Ratspräsidentschaft organisiert.

Nach Auskunft der Kommission lagen der Auswahl der Bewerbungen durch eine vierköpfige Steuerungsgruppe aus Persönlichkeiten der Zivilgesellschaft die folgenden Kriterien zugrunde: Herkunft (Mehrheit aus den "Partnerländern"), Diversität und Proportionalität (thematisch unterschiedlich tätige Akteure wie Gewerkschaften, Think-Tanks, Nichtregierungsorganisationen, etc.) sowie Erfahrungen im Bereich Europäiosche Union - Europäische Nachbarschaftspolitik - Östliche Partnerschaft.

Die Budnesregierung hat die Kommission nachdrücklich um Übermittlung der Einladungs- und Teilnehmerliste gebeten. Diese erteilt hierüber jedoch unter Berufung auf Bedürnisse des Datenschutzes keine Auskunft. Die Bundesregierung hat der Kommission ihr Unverständnis über diese Haltung mitgeteilt. Die Kommission hat daraufhin erneute Prüfung zugesagt.

Marieluise Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

2. Aus welchem Grund ist nach Kenntnis der Bundesregierung keine einzige Organisation aus dem Bereich der Hilfsorganisationen für die Kinder von Tschernobyl zum Zivilgesellschaftsforum der Östlichen Partnerschaft eingeladen worden, obwohl diese Organisationen mit ihrer von den zum teil autoritären staatlichen Strukturen völlig unabhängigen Arbeit seit mehr als 20 Jahren exemplarisch für zivilgesellschaftliches Engagement stehen, einen wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung in Europa beitragen und inhaltlich zu wichtigen Themen der Östlichen Partnerschaft, wie direkte Kontakte zwischen den Menschen, Umweltpolitik und Fragen der Energieversorgungssicherheit und Diversifizierung, arbeiten?

Dr. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt:

Nach Auskunft der Europäischen Kommission wurden je 27 Nichtregierungsorganisationen au der Ukraine und der Republik Weißrussland eingeladen.

Die Bundesregierung hat keine Kenntnis darüber, welche der Hilfsorganisationen für die Kinder von Tschernobyl sich um eine Einladung beworben hatten und weshalb sich die Steuerungsgruppe als Auswahlgremium gegebenenfalls gegen eine Einladung entschieden haben könnte.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 11/118 [siehe oben] verwiesen.

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