Zu ihrer Reise nach Charkiw und Donezk sowie ihren Treffen mit VertreterInnen aus Politik und Zivilgesellschaft am vergangenen Wochenende erklärt Marieluise Beck, Sprecherin für Osteuropapolitik:
1. Alle Gesprächspartner erklärten, dass es keinen ethno-nationalistischen Konflikt in der Ukraine gebe. Die Sprache in der Ostukraine sei selbstverständlich russisch, viele Bürger seien zweisprachig.
2. Das Land sei weder geographisch noch politisch in Ost und West gespalten, wie irriger Weise immer wieder behauptet würde. Die Orientierung gegen Osten oder Westen sei eher eine Frage der Generationen und des Bildungsstandes. Zweifelsohne sähen die gut ausgebildeten jungen Menschen ihre „Zukunft in Europa“, während manch Älterer noch an ein Russland glaube, das für soziale Sicherheit und den fürsorglichen Staat stehe. Einen Anschluss an Russland wollten jedoch auch diese nicht. Vielmehr wollten sie die Nähe zu Russland aufrecht erhalten können.
3. Es herrscht eine große Sorge vor einer Destabilisierung der Ostukraine, speziell durch als Touristen getarnte Provokateure, die schon jetzt von Russland aus über die Grenze in das Land eingesickert und oft sowohl nationalistisch als auch gewalttätig seien.
4. Der Wunsch nach einer inneren Demokratisierung des Landes ist groß. Die Menschen haben das „Big-Game“ aus Politik und Oligarchie sowie den Missbrauch der Justiz für die Zwecke der schamlosen Bereicherung satt. Nicht Föderalisierung, die als ein Synonym für die Teilung des Landes begriffen wird, sondern Dezentralisierung und Stärkung der kommunalen Ebene sei das Gebot der Stunde. Dafür brauche das Land Ruhe und ein Ende der Destabilisierung.