Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Fragen an die Bundesregierung zu Tschernobyl-Kindern

Am 13. Oktober 2008 erließ der belarussische Präsident das Dekret 555, das Reisen von Tschernobyl-Kindern ins Ausland nur noch erlaubt, wenn ein zwischenstaatliches Abkommen mit dem Gastland über die Abwicklung des Erholungsaufenthalts vorliegt. Ein solches Abkommen besitzt bislang nur Italien. Irland hat die Zeichnung eines solchen Abkommens angekündigt, der Deutschen Bundesregierung liegt seit September 2008 ein belarussischer Entwurf vor.

Als Begründung für das Bestehen auf den Abschluss von Abkommen zu Erholungsreisen von Tschernobyl-Kindern gibt die belarussische Regierung zwei Fälle von Kindern an, die 2006 und im August 2008 von Erholungsreisen nicht nach Belarus zurückkehren wollten. Tschernobyl-Initiativen vermuten allerdings, dass der Grund nur vorgeschoben sein könnte. Angesichts tausender Kinder, die in den letzten 20 Jahren Erholungsaufenthalte im Ausland genossen haben, fallen zwei Vorfälle eigentlich kaum ins Gewicht. Denkbar wäre, das Vorgehen der Belarussischen Regierung als Versuch zu werten, die staatliche Kontrolle des auch in Belarus vollständig auf zivilgesellschaftlichen Initiativen fußenden Tschernobyl-Asstauschs auszuweiten. Dass Belarus jüngst den Bau eines ersten Kernkraftwerks angekündigt hat, stimmt hierbei nachdenklich.

Die Erholungsreisen für Tschernobyl-Kinder haben in den letzten 20 Jahren ganz erheblich zu Verbesserung der humanitären Lage und des zivilgesellschaftlichen Engagements in Belarus sowie der Völkerverständigung beigetragen. Der Wert dieser enormen privaten Hilfsaktion ist deshalb nicht hoch genug einzuschätzen. Der präsidiale Erlass 555 und das Fehlen eines Abkommens zwischen Deutschland und Belarus nehmen nun den Tschernobyl-Initiativen die Planungssicherheit für die für 2009 geplanten Erholungsreisen.

Um diesen unhaltbaren Zustand in den parlamentarischen Raum zu tragen, hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gerichtet. Wir wollen wissen, was die Gründe für die Verzögerung beim Abschluss eines Abkommens mit Belarus sind, aber auch, ob die Bundesregierung die Möglichkeit sieht, auch ohne ein Abkommen - wie in den letzten Jahrzehnten auch - Erholungsreisen von Tschernobyl-Kindern zu ermöglichen. Schließlich ist die EU mit der Aufhebung von Sanktionen gegenüber Belarus im Oktober 2008 dem Land weit entgegen gekommen. Auch hat Belarus mit der Entlassung politischer Gefangener, der Wiederzulassung zweier oppositioneller Zeitungen und der Registrierung einer Oppositionsbewegung gezeigt, dass es in der Lage ist, auf Forderungen der EU einzugehen.

Auf eine Antwort der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage ist bis Ende Januar zu rechnen.

Lesen Sie hier die Kleine Anfrage zu den Tschernobyl-Kindern .

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