Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Zu der Anfrage des Bremer Friedensforums an den Bremer Wirtschaftssenator

Das Friedensforum stellt in einem Schreiben vom 4. Juni an den Wirtschaftssenator Martin Günthner Fragen zu den Auswirkungen der EU-Sanktionen gegen Russland. Diese Fragen sind fast deckungsgleich mit denen der rechtspopulistischen Partei Bürger in Wut vom 6. Juni für die Fragestunde in der Bremischen Bürgerschaft.

Marieluise Beck erklärt:

- zur Forderung, die Sanktionen gegenüber Russland aufzuheben: Die Wirtschaftssanktionen sind eine bewusst nicht militärische Antwort auf den Bruch der europäischen Friedensordnung durch die russische Führung. Sie hat mit der Annexion der Krim und der verdeckten Intervention in der Ostukraine gegen alle Abkommen verstoßen, in denen sich Russland auf Gewaltverzicht und Respektierung der territorialen Integrität der Ukraine verpflichtet hat - im Gegenzug zur Abgabe aller ukrainischer Atomsprengköpfe. Wir können eine Rückkehr zu militärischer Gewaltpolitik in Europa nicht hinnehmen. Die Sanktionen können sofort aufgehoben werden, sobald Russland seine Waffen und Truppen aus dem Donbass zurückzieht und die Unabhängigkeit der Ukraine respektiert.

Sanktionen sind ein Mittel der Diplomatie. Russland führt Krieg gegen die Ukraine, der Westen antwortet explizit nicht militärisch sondern mit den Mitteln des Dialogs und des wirtschaftlichen Drucks. Beides geht Hand in Hand.

- zu den Auswirkungen der Sanktionen auf die Wirtschaft Bremens: Man kann keine exakte Unterscheidung zwischen den Auswirkungen der Sanktionen und dem Rückgang des Russland-Geschäfts aufgrund der sinkenden Öl- und Gaspreise treffen. Der Einbruch der Exporterlöse trifft die russische Wirtschaft stärker als die Sanktionen. Das auf fossile Energieexporte ausgelegte russische Wirtschaftsmodell ist nicht zukunftsfähig. Im übrigen gilt auch hier das Primat der Politik. Wir können unsere Außenpolitik nicht nach den Interessen deutscher Konzerne ausrichten. 

 - zu der Schlussfolgerung des Bremer Wirtschaftssenators: Offen gesagt bin ich irritiert über den Antwortbrief von Senator Günthner an das Bremer Friedensforum. Er distanziert sich damit von der Politik seines SPD-Kollegen Außenminister Steinmeier. Die EU hat die Sanktionen an die Umsetzung des Minsker Abkommens geknüpft. Russland hat bisher keine seiner Verpflichtungen erfüllt. Mit einer bedingungslosen Aufhebung der Sanktionen würde man dem Kreml einen Freifahrtschein für die Zerstückelung der Ukraine geben. Ebenso irritierend ist, dass Senator Günthner die völkerrechtswidrig angegriffene Ukraine nicht erwähnt. Wir sollten uns in Erinnerung rufen, dass nicht die Ukraine Russland, sondern Russland die Ukraine angegriffen hat. 

Anders als noch vor Jahren, als es um die historische Verantwortung Deutschlands gegenüber der Sowjetunion ging, muss heute auf die Verantwortung neben Russland auch gegenüber allen anderen Ländern der früheren Sowjetunion in den Blick genommen werden. 

Mehr dazu in der heutigen taz: Peaceniks für Rüstungsexporte: Bremens Wirtschaftssenator plädiert für eine Aufhebung der Russlandsanktionen und liegt damit auf der Linie des Bremer Friedensforums 

 

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