Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Hoffnungen ruhen auf ISAF

Artikel aus der "Norddeutschen" von Gabriela Keller

VEGESACK. Es ist beschlossene Sache: Die Bundeswehr, so entschied der Bundestag im Oktober vergangenen Jahres mehrheitlich, soll auch 2008 in Afghanistan bleiben und beim zivilen Aufbau des Landes helfen. Auch Marieluise Beck stimmte damals mit 14 weiteren Abgeordneten der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für die Verlängerung dieses Mandats. Bei sieben Gegenstimmen und 28 Enthaltungen in den eigenen Reihen. Afghanistan spaltet die Grünen nicht nur im Bundestag, auch an der Basis.

Das zeigte sich jüngst beim Besuch von Beck im Kreisverband Bremen-Nord. Aus Berlin war sie nach Vegesack zur Mitgliederversammlung gekommen, um Rede und Antwort zu stehen. Beck ließ zwar Zweifel durchblicken, ob es richtig gewesen sei, die Bundeswehr 2002 im Rahmen der zivilen Hilfsmission "International Security Assistance Force" (ISAF) nach Afghanistan geschickt zu haben. Doch da man nun einmal drin sei, könne man sich nicht einfach davonstehlen und die Menschen in der zentralasiatischen Krisenregion ihrem Schicksal überlassen. "Wer A gesagt hat, muss auch B sagen." Für Beck steht fest: "Man hat Verantwortung übernommen. "Eine Stippvisite vom 4. bis 8. Oktober 2007 in Afghanistan hatte das Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages davon überzeugt, dass der zivile Aufbau mit internationaler Hilfe voranzutreiben sei. Beck schilderte das Land als ein Minenfeld. Gefahr drohe nicht nur von den heute aus Pakistan operierenden Taliban. Afghanistan sei innerlich zerrissen. Hier die Mehrheits-Ethnie der Paschtunen, die in Teilen talibanfreundlich sei. Im Norden des Landes, dem Einsatzgebiet der deutschen Truppen, schiebe die frühere Nordallianz aus Usbeken, Turkmenen und Tadschiken dem Einfluss der Taliban einen Riegel vor. Noch. Vom deutschen Botschafter Hans-Ulrich Seidt erfuhr Beck bei ihrem Besuch vor Ort: "Die Situation in Afghanistan ist schwieriger und skeptischer zu beurteilen als landläufig berichtet wird." 50 Prozent der südlichen Gebiete sind demnach nicht mehr unter der Kontrolle der Briten, Kanadier, Niederländer und Amerikaner. Im Norden gebe es nur eine "relative Stabilität". Auch von außen droht dem Land laut Beck Unheil. Pakistan sei als Rückzugsgebiet der Taliban und El-Kaida "eine Riesengefahr". Der Iran, eigentlich ein Gegner der Taliban, koche in Afghanistan sein eigenes außenpolitisches Süppchen gegen die USA, die eine atomare Aufrüstung des Iran verhindern wollen. "Der Iran fängt jetzt an, die Taliban zu unterstützen, um Afghanistan zu destabilisieren." Ein Versagen der internationalen Truppen oder ein Abzug würde laut Beck weite Kreis ziehen. Nicht die Sicherheit Deutschlands und Europas stehe derzeit am Hindukusch auf dem Spiel. Ein Sieg der Taliban in Afghanistan berge vielmehr die Gefahr, dass andere säkulare islamistische Länder destabilisiert werden könnten. Umso wichtiger ist nach Ansicht von Beck die internationale Hilfe beim zivilen Aufbau in Afghanistan, auch mit mehr Geld und mehr Kräften. Die Bevölkerung setze auf die ausländische Unterstützung. "Es gibt eine panische Angst, dass die internationalen Truppen abziehen könnten." Dass der eine oder andere an der Basis etwas anders denkt, zeigte die Diskussion. Die Deutschen führten in Afghanistan doch nur einen Stellvertreter-Krieg für die USA um Energiequellen, hieß es zur Begründung für eine Truppenabzug. Nicht nur von Beck, auch aus den eigenen Reihen kam Kontra. Mit dem alten Imperialismus-Argument der Grünen mache man es sich zu einfach, meinte der Kreisverbandsvorsitzende Klaus Möhle. "Dass es dem Westen in Afghanistan nur um Gas und Öl geht, halte ich für verkürzt." Soll man mit den Taliban verhandeln? Beck berief sich auf den UN-Sonderbeauftragten Tom Koenigs: Frieden sei nur möglich, wenn man die lokalen Stammesführer einbinde. "Und das heißt Taliban."

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