Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Von Wundern und wunderbaren Menschen

Nach dem Besuch Ralf Haskas, Pfarrer der deutsch-ukrainischen St. Katharina Kirche in Kiew, auf unserem Benefizabend im Kapitelsaal des St. Petri Doms gab es eine überwältigende Hilfs- und Spendenbereitschaft vieler Bremerinnen und Bremer. Wie angekündigt hat Ralf Haska Mitte März vier Kinderheime im Osten der Ukraine besucht und unter anderem dank der Spenden aus Bremen mit Schuhen, Shampoo, Windeln, Waschmittel, Lebensmitteln und Küchengeräten versorgen können.

Wen er unterwegs getroffen und wessen Geschichten er gehört hat, das können Sie in seinem berührenden Bericht nachlesen. Wer keine Zeit für so viel Text hat: er lässt sich auch schnell ‚überfliegen‘. Kommende Woche, am 20. April wird er ein zweites Mal aufbrechen und dann das im Bericht beschriebene Warmwasserproblem in dem Kinderheim in Krasnoarmejsk lösen.

Für diejenigen, die seinen Bericht nicht bis zum Ende lesen, schließe ich mit Pfarrer Haskas Worten: „All das war nur möglich, weil viele Menschen in Deutschland gespendet haben. All die benötigten Dinge: Lebensmittel, Pampers, Hygieneartikel, Kleidung, Haus- und Straßenschuhe und, und, und konnten wir besorgen, weil Menschen geholfen haben. Danke! Ja, und ich weiß, dass das alles nur kleine Dinge sind. Nicht viel. Aber viele andere Freiwillige an vielen anderen Orten helfen hier und dort mit ihren Mitteln. Ich finde, das macht Mut und stärkt die Hoffnung für dieses Land Ukraine.“

Auch ich freue mich über so viel Unterstützung und möchte Ihnen danken.

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Pfarrer Ralf Haska, St. Katharina Gemeinde in Kiew schreibt Ende März 2015:

Nichts Gutes und zwei Kühlschränke / Donbas 1 von 5

Dienstag um 4 Uhr in der Frühe brechen wir auf. Wir: Stig, Valera und ich. Zwei Fahrzeuge, drei Fahrer. Vor uns liegen viele Kilometer und viele Begegnungen und Gespräche. Die Straße bis Charkow ohne Probleme. Dann wird sie schlechter. Immer wieder begegnen uns kleinere Militärkolonnen. Kleinere Schützenpanzer werden abgezogen, so erkläre ich mir das. Bei einem Halt in Slawiansk begegnet uns das erste OSZE Fahrzeug. Es werden mehr werden in den nächsten drei Tagen. Das ist neu für mich. Bei meinen vorigen Fahrten ist mir nie ein solches Fahrzeug begegnet.

An einem Blockposten kurz vor Severodonezk werden unsere Pässe genau kontrolliert und auch registriert. Ebenso unser ukrainisches Autokennzeichen. Stigs diplomatische Autonummer scheint sie nicht zu interessieren. Diese Registrierung ist neu. Doch dann können wir mit freundlichen Worten weiterfahren. In der Wartezeit frage ich einen Milizionär, was er erwartet: „Nichts Gutes“, ist seine knappe Antwort.

Kinder-REHA-Zentrum für chronisch kranke Kinder in Novoaidar

Wir bringen 22 Paar Hausschuhe für die Kinder. Es sind dort über 300 chronisch kranke Kinder. Das Internat hat auch Flüchtlingskinder aufgenommen. Allerdings schlafen momentan dort nur um die 30 Kinder. Die anderen müssen die Wege nach Hause auf sich nehmen. Die Schlafräume werden für die Armee und die Miliz gebraucht. Um die 150 Soldaten und Milizionäre sind im Hause untergebracht. Kinder und Militärs werden von der Küche des Hauses versorgt. Die Köchinnen versorgen über 400 Personen. Allerdings sind die Lebensmittel streng geteilt. Die Leiterin zeigt uns die Küche des Internats. Da gibt es Kühlschränke für die Lebensmittel der Kinder und der Miliz. Alles unterteilt. Interessant ist, dass im Kühlschrank der Miliz deutlich mehr Lebensmittel zu sehen sind als in dem der Kinder. Auch das Lebensmittellager der Militärs ist deutlich reichlicher gefüllt. Allerdings für meine Begriffe auch eher ärmlich mit Kartoffeln und Karotten. Die Leiterin erklärt uns, dass diese Lebensmittel auch streng kontrolliert werden. Nur bei Rotationen der Militärs fällt von diesen Lebensmitteln etwas für die Kinder ab.

Nun verstehe ich, warum wir um Lebensmittel gebeten wurden. Neben den Hausschuhen für die Flüchtlingskinder bringen wir also Nudeln, Reis, Gretschka, Zucker aber auch ein wenig Süßigkeiten, Shampoo und anderes. Beim nächsten Mal werden wir versuchen, auch die erbetenen 150 tiefen Teller und Löffel mitzubringen. Ich weiß, dass das alles nur ein kleiner Tropfen auf dem heißen Stein ist. Die Gehälter werden gezahlt, das erfahre ich von der Leiterin der Einrichtung. Aber die Gelder, die für die Kinder kommen, reichen nicht aus, um alle mit dem Nötigsten zu versorgen. „Wir leben dank der Freiwilligen.“ Das ist die Aussage der Leiterin der Einrichtung.

Wir übernachten in diesem Kinder-REHA-Zentrum.

Von Ferngläsern, Früchten und merkwürdigen Fragen / Donbas 2 von 5

Früh brechen wir auf an die Frontlinie. Valera bringt uns dorthin, wo er am 12.-13. Februar kurz vor dem Waffenstillstand bei und mit den Soldaten unter Beschuss geraten ist und zwei Tage lang nicht die Weiterreise antreten konnte. Wir kommen durch Tschastie und sehen die Zerstörung durch Raketenangriffe. Wir hören irgendwo Schüsse leichten Kalibers und ich erinnere mich, dass den Tag zuvor irgendeine Elektrostation getroffen wurde und in ganz Severodonezk der Strom ausgefallen war. Wir kommen an einem Feld vorbei, auf dem eine Armeebrigade ihr Lager hat. Valera erzählt uns, dass sie bei der letzten Fahrt dort Apotheken vorbeibrachten. Als sie dann einem unwirschen Mann, der sich als Bootsmann vorstellte, also eigentlich als Seefahrer, die mitgebrachten Kinderzeichnungen übergeben, fängt dieser gestandene Mann an bitterlich zu weinen.

Wir bringen den Soldaten an der Frontlinie eine große Kiste mit Bananen, Apfelsinen, Rosinen und Sonnenblumenkerne mit. Unser Freund Stig hat auch Zigaretten für sie gekauft. Sie freuen sich wie kleine Kinder, besonders über die Früchte. Als wir von unserem kleinen Ausflug unter dem Dach zurückkommen, werden die Apfelsinen schon fleißig gegessen. Dieser kleine Ausflug nach oben unter das Dach des Hauses erlaubt einen kleinen Blick auf die andere Seite. Die Soldaten versuchen zu zeigen, wo die russischen Panzer stehen. Ich sehe von den gut getarnten Waffen nichts. Das Wichtigste dieses Ausfluges, zu dem wir über abenteuerliche Treppen auf den Dachboden eingeladen sind, ist jedoch Folgendes: Stig hatte bereits 5 teure Ferngläser gekauft in den letzten Wochen. Auch unsere beiden Jungs Bernhard und Friedrich haben sich von ihren Gläsern getrennt. All diese Gläser sind jetzt dort oben bei den Soldaten, den Aufklärern und an den vordersten Blockposten. Durch eines dieser Gläser schauen wir nun hockend unter dem Dach und durch ein kleines mit Blech abgedichtetes Loch. Sicher sind die Worte ein wenig übertrieben, die wir hören. Es wird uns jedoch gesagt, dass auch diese Ferngläser dazu beitragen, den Beschuss und die Angriffe zu verringern. Warum und wie? Angriffe haben sich immer auf den vordersten Blockposten der ukrainischen Armee gerichtet. Das Ziel war stets, diesen einzunehmen. Mit den guten Ferngläsern kann nun die Bewegung der russischen Truppen viel schneller und aus größerer Entfernung wahrgenommen und dementsprechend viel früher reagiert werden. Ich kann mich eines Gedanken nicht erwehren: Wenn selbst Ferngläser helfen, Frieden zu bewahren, wie viel mehr werden die feindlichen Einheiten dann vor anderen wie z.B. Panzerabwehrwaffen zurückschrecken? Doch diese gibt es dort offensichtlich nicht.

Im Gespräch mit den Soldaten höre ich viel Skepsis. Sie glauben nicht an einen Frieden. Ich frage, wie lange sie schon dort sind. 4 Monate ohne Unterbrechung. Ich frage, wer ihnen gegenübersteht. Ich meine Erstaunen über diese Frage wahrzunehmen. Die Antwort ist: Russische Armee plus Freiwilligenverbände und einige Einheimische. Weiterhin berichten sie, dass sie keinerlei schwere Waffen haben und sie nicht wissen, wie sie sich verteidigen sollen bei einem Angriff mit Panzern.

Der Ort ist weiterhin voll mit Zivilpersonen. Wir sehen auch zerbombte Häuser.

Später, wenn wieder Frieden ist / Donbas 3 von 5

Nächste Station ist Druschkowka. Die Fahrt dorthin ist entspannt trotz der vielen Blockposten und der Wartezeit an einem von diesen von einer Stunde. Ich höre die Meinung, dass diese künstlichen Staus am Blockposten von Feinden in den eigenen Reihen eigens herbeigeführt werden, um die heimische Bevölkerung gegen Kiew aufzubringen. Das Wetter ist wunderbar. Die Straßen sind es nicht. In Druschkowka bringen wir als erstes unsere mitgebrachte Hilfe in das Kinderheim für behinderte Kinder. Sie stürmen auf uns zu, begrüßen uns freundlich. Einige helfen dann die Säcke mit Kleidung, die Pampers, Waschmittel etc. ins Haus zu tragen. Ich bin erstaunt über die hellen, freundlichen Räume. Man spürt, mit wie viel Liebe und Herzblut hier gearbeitet wird. Wir bekommen die Werkstätten, die kleine Gärtnerei, die Schneiderei etc. zu sehen. Auch die Räume mit den bettlägerigen Kindern dürfen wir besuchen. Überall freundliche Betreuerinnen. Auch Betreuer für die Jungs gibt es. Ein Jugendlicher erzählt uns, dass er sehnsüchtig auf einen bereits von anderer Seite zugesagten Rollstuhl wartet. Die stellvertretende Leiterin berichtet, wie sie zu kämpfen haben. Sie leben von den Zuwendungen des Staates und einem Teil der Renten für die behinderten Kinder. Sie versorgen sich teilweise selbst. In der Schneiderei beispielsweise werden Bettwäsche, Kleidung, Schafanzüge und anderes selbst hergestellt. Die beiden Gewächshäuser produzieren nicht nur Blumen für die wunderschön gepflegte Umgebung des Hauses, sondern auch Gemüse für die eigene Küche. Mit Stig diskutiere ich dann über die Möglichkeit, auch einiges von dem von den Kindern Hergestellten und Produzierten verkaufen zu können. Später. Wenn wieder Frieden ist. Wir bekommen von der stellv. Leiterin Olga auch die aktuellen Nöte aufgezählt: Ein Handlauf für einen neuen Ausgang in den Garten für Rollstühle und gehbehinderte Kinder wird benötigt. Dieses Projekt möchte man angehen, wenn die Flüchtlingskinder weiter verteilt werden können. Momentan hat man noch 60 Kinder aus evakuierten Heimen untergebracht. Deshalb ist z.B. momentan auch die Sporthalle nicht nutzbar, weil sie als Schlafraum gebraucht wird. Neben dem Handlauf wird auch ein neuer professioneller Fleischwolf benötigt und auch die Kanalisation der Gewächshäuser ist zu erneuern. Pampers, Waschmittel etc. werden immer gebraucht. Ich frage nach den Kosten für die Projekte. Diese kann Olga nicht beziffern, weil alles, was heute als Kosten genannt wird, morgen schon wieder überholt sein kann. Ich höre aber, dass der Abfluss aus dem Gewächshaus vor Monaten einmal mit ca. 60.000 UAH (also damals so um die 5.000 EUR) veranschlagt gewesen ist.

Mit den Bildern von rumänischen Behindertenheimen im Kopf bin ich dorthin gefahren. Erstaunt und erleichtert bin ich wieder fortgefahren trotz der schweren Situation, in der auch dieses Heim steckt. Doch zu sehen, dass es viele Menschen gibt, die die Kinder nicht nur abstellen, sondern liebevoll fördern und fordern, Menschen, die ein wirkliches Herz haben für die ihnen Anvertrauten, hat mich doch erfreut. Mal sehen, was wir tun können, um auch da noch einmal über Pampers hinaus etwas unterstützen zu können.

Von Wundern und wunderbaren Menschen / Donbas 4 von 5

Wir übernachten bei einer Familie. Einer besonderen Familie. Sergej und Julia. Sie haben 14 Kinder. Nein, nicht nur eigene. Die beiden sind junge Leute. Er ist bereits das zweite Mal verheiratet, nachdem seine erste Frau Irina an Blutkrebs erkrankte und starb. Mit ihr hatte er angefangen dieses Kinderheim „Familientyp“ zu errichten. Voller Gottvertrauen haben diese zutiefst frommen Leute dieses Projekt gegen alle Widerstände angefangen. Sie sind zum Glauben gekommen. Haben ein Wunder erlebt, als Gott ihren Sohn rettete. Sergej sprach von Auferweckung. Er hat seinen Sohn vor seinen Augen sterben sehen. 12 Minuten ohne Atmung. Unter dem Gebet seiner dann hinzukommenden Frau fing der Kleine wieder an zu atmen. Für die beiden ein Fingerzeig des HERRN, sich um unerwünschte Kinder zu kümmern. Denn er erzählt, dass auch sein Sohn eigentlich einmal ein unerwünschtes Kind war. Es war die falsche Zeit, viel zu früh. Doch Gott rettete, so sagt er. Und so begannen sie, Kinder anzunehmen. Nicht zu adoptieren, aber als Pflegefamilie. Sie fanden eine ganze Etage eines leerstehenden Hauses. Überlebten dort einen kalten Winter. Bauten aus. Steckten viel Geld und viel Liebe hinein. Immer mehr Kinder kamen. Dann starb Irina. Und die Frage quälte: Warum? Julia kam. Erst um zu helfen, später kam die Liebe. Nun leben die beiden dort mit 14 ihnen anvertrauten Kindern. Ein Haus des Friedens und der Fürsorge habe ich vorgefunden. Absolut beeindruckend. Und ich konnte nicht unterscheiden, wer von diesen Kindern eigenes oder angenommenes war. Sergej erzählte, dass die letzte Katastrophe noch nicht lange zurückliegt. Im Mai kamen die Terroristen der DNR. Sie standen vor der Tür und wollten hinein. Mit dabei war eine Frau von der Stadtverwaltung. Das Anliegen war, die Familie zu vertreiben. Sergej ließ die Terroristen nicht in die Wohnung. Die Wut dieses Abschaums entlud sich in einer Schießerei. Sie feuerten auf die Tür und wollten das Schloss kaputt schießen. Das gelang ob der massiven Stahltüre nicht. Zwischenzeitlich kam die herbeigerufene unbewaffnete Miliz herbei. Denen und der Frau öffnete er dann die Tür. Später verstand er, dass diese Frau die Anführerin der Terroristen gewesen war. Das Ende vom Lied war dann ein Ultimatum: Haut ab! Die ganze große Familie floh nach Kiew. 4 Monate später nach der Befreiung kehrten sie zurück. Gott sei Dank verloren die Terroristen wohl irgendwann das Interesse an der Wohnung. So konnten sie wieder einziehen, ohne allzu große Zerstörungen beseitigen zu müssen. „Wir leben und sind Gott dankbar, dass wir heute zusammen sind. Was morgen wird, wissen wir nicht.“ Und sie erlebten den Beschuss von Kramatorsk. Selbst dort in Druschkowka bebte noch die Erde und die Scheiben zitterten. Sergej berichtete außerdem davon, wie die Terroristen der DNR mit Christen umgingen, die nicht zur Orthodoxen Kirche gehörten. Er selbst kenne mindestens 6 leitende Personen von Gemeinden, die erschossen wurden. Andere haben ein Martyrium als Gefangene und Gefolterte in Kellern durchlitten. Einer seiner Freunde wurde von den Terroristen in einem Baumarkt verhaftet. In den Keller gebracht. Verhört. Geschlagen. Für jede versuchte Antwort auf eine Frage wurde er massiv geschlagen. Es lag denen nichts an Antworten. Alles stand bereits fest. Es ging darum, ihre sadistische Art ausleben zu können. Zum Schluss schafften sie ihn zu demjenigen, der über sein Schicksal entscheiden sollte. Ein orthodoxer Geistlicher. Der sagte dann, weil er vier Kinder habe, verschone man ihn und gebe ihm noch eine Chance. Innerhalb von 2 Tagen habe er aber die Stadt zu verlasen. All sein Eigentum wurde jedoch konfisziert. Er überlebte das Urteil dieses orthodoxen „Geistlichen“. Andere nicht.

Sergej und Julia haben mich ebenso beeindruckt. Viel mehr hätte ich noch hören wollen. Wir durften die Nacht in diesem friedlichen, freundlichen Hause verbringen. Vor unserer Fahrt hatten wir bei Julia nachgefragt, was sie unbedingt benötigt. Eine Küchenmaschine war ihre Antwort. Wir konnten ihr diesen kleinen Wunsch erfüllen und auch einige andere Dinge übergeben.

 Von vorgesehenen Fenstern und unnötiger Elektronik/ Donbas 5 von 5

Am nächsten Morgen dann die Fahrt über schwierige Straßen an Kohlegruben vorbei. Auch vorbei an der mit 120 km Ausdehnung unter Tage größten in Europa. In Richtung Krasnoarmejsk. Ein weiteres Kinderheim. Aljoscha ist der Leiter. 30 Kinder leben unter seiner Obhut. Waisenkinder, Kinder, deren Eltern das Sorgerecht entzogen wurde oder auch Kinder, die einfach von ihren saufenden oder drogenabhängigen Eltern verstoßen wurden. Es gibt hier keinerlei staatliche Unterstützung. Aljoscha hatte aber nach seinen Aussagen keine größeren Schwierigkeiten, vor dem Krieg von Geschäftsleuten die nötige Unterstützung zu bekommen. Klar war das mit viel Betteln verbunden. Jetzt liegt alles darnieder. Es ist äußerst schwer. Einer der Erzieher ist beim Militär. Eine der Frauen stammt ursprünglich aus Berg-Karabach und ist bereits zweimal in ihrem Leben geflohen. Das Haus liegt in einer Gegend umgeben von anderen Einfamilienhäusern. Aljoscha erzählt, dass die Kinder viel selbst tun. Momentan sind sie dabei eine zweite Etage aufzusetzen. Sie hatten einen Sponsor gefunden, der ihnen eine Reparatur der alten Platten des Daches finanzierte. Für das Geld haben sie aber dann in Eigenregie und Eigenarbeit diese zweite Etage konzipiert und begonnen. Diese ist nun aufgesetzt. Ein Dach ist drauf. Aber keine Fenster drin. Ich fragte verwundert nach. „Wir haben Öffnungen vorgesehen. Aber für die Fenster ist momentan kein Geld da. Wenn wir welches auftreiben, setzen wir die Fenster einfach noch ein.“ Schritt für Schritt. So auch mit der Dusche und der Küche. Die Küche wurde gerade angebaut. Ein schöner Speisesaal geschaffen. Doch es gibt z.B. nur einen 15 Jahre alten kleinen Boiler zur Warmwasserbereitung. Man kann sich vorstellen, dass das zum Duschen der Kinder nicht ausreicht. Man träumt von einer Gastherme. Die Gasheizung versagte in diesem Winter auch den Dienst. Einige technikbegeisterte Kinder kümmerten sich um den Gasofen. „Sie haben letztlich einfach die ganze durchgebrannte Elektronik herausgerissen und den Ofen wieder zum Brennen gebracht.“ Ich gebe zu, das sah abenteuerlich aus, funktionierte aber. Man weiß sich in der Not zu helfen. 4 Monate musste die ganze Stadt und damit auch das Heim im letzten Jahr ohne einen Tropfen Leitungs- und Trinkwasser auskommen. Alles musste aus einem Ziehbrunnen geholt werden. Mit welchen Schwierigkeiten diese Menschen doch zu kämpfen hatten und weiterhin haben. Die Kinder selbst waren außer drei Kranken alle in der Schule. Einen Wunsch hatte mir Aljoscha im Vorfeld unserer Fahrt übermittelt: Die Kinder wünschen sich so sehr Straßenschuhe. Sie haben sie bekommen.



Wir waren drei Tage unterwegs und sind 1900 km gefahren.

Wir haben 4 Kindereinrichtungen und viele Kinder besucht: REHA-Zentrum für chronisch kranke Kinder Novoaidar (fast 300 Kinder) - Heim für behinderte Kinder in Druschkowka (301 Kinder) - Kinderheim „Familientyp“ für 14 Kinder von Sergej und Julia in Druschkowka - Kinderheim für Waisen und verstoßene Kinder auf Privatinitiative in Krasnoarmejsk

Wir haben viele Blockposten passiert und mit Soldaten an der Front in Staniza Luganska gesprochen.

All das war nur möglich, weil viele Menschen in Deutschland gespendet haben. All die benötigten Dinge: Lebensmittel, Pampers, Hygieneartikel, Kleidung, Haus- und Straßenschuhe und, und, und konnten wir besorgen, weil Menschen geholfen haben. Danke! Ja, und ich weiß, dass das alles nur kleine Dinge sind. Nicht viel. Aber viele andere Freiwillige an vielen anderen Orten helfen hier und dort mit ihren Mitteln. Ich finde, das macht Mut und stärkt die Hoffnung für dieses Land Ukraine.

PS. Es ist noch etwas Geld da für den nächsten Transport nach Ostern!

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