aus Kiew berichtet Marieluise Beck, MdB
In den vergangenen Tagen bot der Maidan ein friedliches Bild. Bürgerinnen und Bürger harren aus, der Platz ist gut organisiert. Von der Essensversorgung bis zur Müllentsorgung funktioniert die Selbstorganisation auf bewundernswerte Weise.
Dennoch muss diesem Wochenende mit Sorge entgegengesehen werden. Präsident Janukowitsch hat durch Partei-, Betriebs- und Gemeindestrukturen einen "Gegenmaidan" bestellt. Jeder Rayon wurde aufgefordert, 250 Demonstranten zu stellen. Namenslisten werden kontrolliert. Diese bestellten Demonstranten sollen sich auf einem Platz in nur 300 Meter Entfernung vom eigentlichen Maidan einfinden.
Obwohl der Maidan der Bürger sehr entschlossen jeder Gewalt entsagt, steigt die Gefahr, dass bestellte Provokateure aus der einen oder anderen Demonstration dem Sicherheitsapparat den Vorwand zum gewalttätigen Eingreifen liefern. In der Stadt halten sich 80.000 Polizisten aus der ganzen Republik auf.
Einen kleinen Lichtblick gab das Treffen zwischen dem Präsidenten und der Opposition, denn solange verhandelt wird, gibt es keine Gewalt.
Die europäische Staatengemeinschaft hat die Verpflichtung, eine gewaltsame Niederschlagung dieses friedlichen Bürgerprotestes nach allen Kräften zu verhindern. Die Proteste der ukrainischen Bürger, die ihre Zukunft in einem demokratischen und friedlichen Europa sehen, müssen sich auf dieses Europa verlassen können.
Vertreter und Vertreterinnen der EU-Kommission, des Europäischen Parlaments, der nationalen Regierungen und der nationalen Parlamente müssen mit ihrer Präsenz die durch Provokation herbeigeführte Zerschlagung dieser friedlichen Versammlung schützen.
Niemand kann sagen, wie diese Ukraine am Montag aussehen wird. Aber es sollte sowohl dem Präsidenten als auch dem Kreml sehr klar zu verstehen gegeben werden, dass dieses Europa sich nicht einfach achselzuckend wegdreht.
Der Maidan braucht dringend einen ständigen Dialog. Die EU-Kommission sollte umgehend einen von beiden Seiten akzeptierten Vermittler oder Vermittlerin nach Kiew schicken.
Die Menschen auf dem Maidan haben eindrucksvoll symbolisch das Assoziationsabkommen unterschrieben. Das muss uns eine Verpflichtung sein, uns an ihre Seite zu stellen.