Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Antrag zur Weiterleitung des serbischen Beitrittsgesuchs an die Kommission

Im Konflikt zwischen Serbien und Kosovo erreichte die EU Anfang September ein Einlenken Serbiens bei der Einbringung einer UN-Resolution zum Kosovo. Serbien hatte auf einen eigenen Resolutionsentwurf verzichtet und einen gemeinsamen Entwurf mit der EU eingebracht, mit dem das Gutachten des Internationalen Strafgerichtshof zur Rechtmäßigkeit der kosovarischen Unabhängigkeitserklärung zur Kenntnis genommen und Vermittlung zwischen Kosovo und Serbien durch die EU gefordert wurden. Im Gegenzug will die EU den Antrag Serbiens auf Beitritt zur EU formell an die Kommission zur Begutachtung weiterleiten. Diesen Schritt wollten die Abgeordneten des Deutschen Bundestag mit einem entsprechenden Beschluss unterstützen. Allerdings konnten sich die Fraktionen auf keinen gemeinsamen Antragstext einigen. So brachten neben der Koalition die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen und der SPD jeweils eigene Anträge ein.

Auch Bündnis 90/Die Grünen unterstützen die Annäherung Serbiens an die EU und die potenzielle Beitrittsperspektive für alle Länder der Region. Allerdings formuliert der grüne Antrag eine deutlich kritischere Analyse der Fortschritte in Serbien und der EU-Politik in der Region.

So äußerte der Chefankläger des Haager Tribunals, Serge Brammertz, sich zuletzt wieder deutlich kritischer zu den Bemühungen Serbiens zur Auffindung aus Auslieferung der flüchtigen mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ratko Mladic und Goran Hadzic. Maldic wird für den Genozid in Srebrenica 1995 verantwortlich gemacht.

Weiterhin darf nach Ansicht der Grünen die Unterstützung Serbiens bei der EU-Annäherung nicht zum Nachteil der Nachbarn in Bosnien und Herzegowina und Albanien geraten. Beide Länder leiden noch heute unter den Folgen der Kriege, für die Serbien eine wesentliche Mitverantwortung trägt. Die für den angestrebte EU-Beitritt nötigen Reformen werden so erschwert. Eine EU-Politik, die ihren Aufmerksamkeit vorwiegend dem wichtigsten Land der Region, Serbien, schenkt und die kleineren Nachbarn vernachlässigt, lässt historisches Bewusstsein vermissen und ist damit politisch unverantwortlich. Denn die Vergrößerung des Abstands zwischen Serbien und seinen schwächeren Nachbarn birgt das Risiko der Verstärkung der weiterhin bestehenden Spannungen in der gesamten Region. Verantwortungsvolle EU-Politik muss daher die gesamte Region im Blick behalten und nach Möglichkeit eine gleichzeitige Entwicklung und Beitritte der Länder ermöglichen.

Lesen Sie hier den Antrag zum Beitrittsgesuch Serbiens von Bündnis 90/Die Grünen .

Lesen Sie hier den Antrag der SPD .

Lesen Sie hier den Antrag der Koalition .

Erwartungsgemäß wurden die Anträge von Bündnis 90/Die Grünen und SPD abgelehnt, während der Antrag der Koalition mit den eigenen Stimmen angenommen wurde.

Sehe Sie die Rede von Marieluise Beck als Video oder lesen den Redetext in der Bundestagsdebatte zu den genannten Anträgen am 8. Oktober 2010.

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