Anlässlich des Berlin-Besuchs des russischen Präsidenten Wladimir Putin erklärt Marieluise Beck, Sprecherin für Osteuropapolitik:
Noch immer geht die Bundesregierung von einer strategischen Partnerschaft mit Russland aus. Dabei trifft die Bundeskanzlerin mit Präsident Putin auf einen Partner, der aus manipulierten Wahlen hervorgegangen ist. Sie trifft auf einen Partner, der in den vergangenen zwölf Jahren der russischen Gesellschaft eine schwere Hypothek aufgebürdet hat. Russland krankt an wirtschaftlicher Stagnation, ausufernder Korruption, der Willkür von Behörden und Justiz. Initiativen von unten werden erdrückt, ein Eingehen auf die Forderungen aus der Zivilgesellschaft ist nicht erkennbar.
Der in den Kreml zurückgekehrte Putin fühlt sich offenbar stark genug, um zu dokumentieren, dass er den Westen nicht braucht. Schlimmer noch, er fühlt sich stark genug, um mit Waffenlieferungen einem syrischen Machthaber den Rücken frei zu halten, der unter den Augen der Welt sein eigenes Volk bekriegt.
Insofern wäre es ehrlicher, die Distanz zum Regime Putin offenzulegen und anzuerkennen, dass der neue Herr in Kreml derzeit kein strategischer Partner ist. Bundeskanzlerin Angela Merkel sollte gegenüber dem neuen alten Präsidenten deutlich machen, dass die Waffenlieferungen an das blutige Assad-Regime nicht hinnehmbar sind. Die Blockadehaltung Russlands im UN-Sicherheitsrat, die schärfere Resolutionen verhindert, ist ein Skandal.
Weiterhin gilt es, Putin zur Herstellung von Rechtstaatlichkeit und demokratischen Reformen aufzufordern. Nur ein politischer Wandel hin zu mehr gesellschaftlicher Partizipation und einem verlässlichen Rechtsrahmen, der für jeden gilt, kann das Land aus seiner inneren Lähmung befreien. Nicht nur Deutschland und die EU stehen Putin für einen solchen Wandel als Modernisierungspartner zur Verfügung. Auch die erstarkte russische Zivilgesellschaft verlangt vom Kreml Veränderungen. Dies bedeutet für das Land eine große Chance. Putin wäre gut beraten, sie zu nutzen. Auch diese Botschaft erwarten wir von der Bundeskanzlerin.