Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Rede beim Europarat zum Status des Palästinensischen Nationalrats

Am 4. Oktober 2011 debattierte die Parlamentarische Versammlung des Europarat über die Verleihung des Status' als "Partner für Demokratie" an den Palästinensischen Nationalrat. Eine entsprechende Resolution wurde von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats nach der Debatte angenommen. Mit dem Status verbunden ist die Verpflichtung, die demokratischen und menschenrechtlichen Werte des Europarats zu respektieren. Dazu gehört neben der Verpflichtung auf demokratische Prinzipien auch die Abschaffung der Todesstrafe sowie die Gleichberechtigung von Männern und Frauen.

Marieluise Beck, die der Resolution ebenfalls zustimmte, verwies in ihrem Debattenbeitrag auf das Problem der faktischen Zweiteilung Palästinas und das Regime der Hamas im Gaza-Streifen, die Israel das Existenzrechts abspreche und demokratische wie Menschenrechtsstandards verletze.

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Lesen Sie hier die Rede von Marieluise Beck:

Herr Vorsitzender!

Ich möchte mich dem Dank an Herrn Kox anschließen.

Auch ich freue mich, dass die Vertreter des palästinensischen Nationalrats heute bei dieser Aufnahme als Partner für Demokratie bei uns sind. Alles, was den Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung ebnet, sollten wir aus diesem Haus auch unterstützen.

Seit Jahren wissen alle in der Region, dass die Lösung am Ende tatsächlich die Zwei-Staaten-Regelung sein muss. Alle kennen das Ziel, aber der Weg dorthin ist offensichtlich sehr, sehr schwer zu begehen. Wir brauchen einen demokratischen jüdischen Staat und wir brauchen einen demokratischen Staat Palästina.

Der Bericht greift im Punkt 9 einige der Hindernisse auf, die dieser Lösung im Weg stehen. Dazu gehört die Besatzung des Westjordanlandes und des Gazastreifens. Aber dazu gehört leider auch ein Faktum, auf das ich hier noch einmal hinweisen möchte: die faktische Teilung Palästinas in Westjordan und Gaza.

Alle konstruktiven Zeichen kommen derzeit von Präsident Abbas und Ministerpräsident Fajad. Auch die Initiative, sich an die Vereinten Nationen zu wenden, kam von der PLO und von Präsident Abbas. Die Hamas hat explizit erklärt, dass sie den Gang in die Vereinten Nationen nicht unterstützt, weil sie die damit verbundene implizite Anerkennung des Existenzrechts von Israel nicht mitträgt, weil sie Anspruch auf das gesamte Territorium erhebt.

Dieses Problem, mit dem sich nicht nur Israel, sondern vor allem auch der palästinensische Nationalrat und die Autonomiebehörde auseinanderzusetzen haben, sollten wir mitbenennen und mit in unseren Blick nehmen. Ich habe deshalb eine Änderung vorgeschlagen, die ich nachher noch einmal einbringen werden.

Für uns ist es unendlich wichtig, dass wir die Hindernisse benennen, die es auf beiden Seiten gibt. Den Freunden von Israel möchte ich sagen, dass das Unverständnis über die Fortführung des Siedlungsbaus auch bei denen sehr groß ist, die sich an der Seite Israels fühlen, die auch die Sicherheitsinteressen Israels anerkennen. Sie in Israel wissen auch, dass sich durch diesen Siedlungsbau Ihre Regierung so darstellt, als ob sie die Verhandlungen torpedieren wolle.

Aber im wahrsten Sinn des Wortes Torpedos gegen jegliche Verhandlungen sind natürlich auch Kasams, die aus dem Gazastreifen auf israelisches Gebiet fliegen. Wenn Sie nach Sderot gehen und Ihnen eine unbeteiligte, sogar bei der Bewegung Peace Now arbeitende Zivilistin sagt „Es ist unser Alltag, dass ich nicht einmal in Ruhe duschen kann, denn wenn ich mich eingeseift habe, weiß ich nicht, ob ich mich noch werde abspülen können, weil wieder ein Kasam-Alarm kommt.“, ist das ein Teil der Realität.

Ein anderer Teil der Realität ist, dass es mir nicht gelungen ist, Mitglieder von Peace Now in Gaza zu treffen, weil es zu gefährlich für sie gewesen wäre, sich mit mir zu treffen.

Wir müssen unseren Blick also auch auf die Hamas richten, die bisher keine demokratischen Wege eingeschlagen hat, auch nicht gegenüber der Autonomiebehörde. Ich sehe das auch als ein großes Hindernis und wir sollten es benennen. Ich hoffe, dass dieser Demokratieweg dazu führen wird, dass die Autonomiebehörde so stark wird, dass auch die Hamas sich demokratischen und menschenrechtlichen Gesetzen unterwerfen muss.

Schönen Dank.

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Die gesamte Debatte finden Sie hier .

Die angenommene Resolution finden Sie hier als PDF oder hier als HTML.

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