Zur Regierungsbildung in Bosnien und Herzegowina erklärt Marieluise Beck, Sprecherin für Osteuropapolitik:
Die neue Regierung steht vor wichtigen und dringend notwendigen Reformen, um endlich das Leben der Menschen in Bosnien und Herzegowina zu verbessern. Das Land braucht nach den Absichtserklärungen sichtbare Schritte. Hier spielt die Überwindung der ethnischen Quotierung der Politik und aller anderer öffentlicher Bereiche eine herausragende Rolle. Dass dieses System nicht länger tragfähig ist, zeigt der anhaltende Boykott eines Teils des neugewählten Parlaments, was dessen faktische Blockade bedeutet. Hier werden ethnische Vetorechte für parteipolitische Interessen instrumentalisiert. Damit wird ein Instrument missbraucht, das einst zum Interessenschutz für die einzelnen Bevölkerungsgruppen gedacht war.
Die Europäische Union ist in der Pflicht, sich mit Nachdruck für die Umsetzung der sozioökonomischen Reformagenda einzusetzen. Die Amtsträger in Bosnien und Herzegowina müssen überzeugt werden, der Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Lage im Land den Vorrang zu geben. Andernfalls droht eine weitere Verschärfung der ohnehin vorhandenen sozialen Spannungen, die jederzeit wieder in landesweite Proteste auszubrechen drohen. Dass es hierbei wiederum zu Gewalt kommen könnte, ist nicht auszuschliessen. In der nach wie vor geteilten Stadt Mostar könnte es zu unberechenbaren Dynamiken kommen. Ein solches Szenario zu verhindern, liegt im Interesse der Europäischen Union wie auch der bosnischen Politik.
Marieluise Beck ist Vorsitzende der Deutsch-Bosnischen Parlamentariergruppe.
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