Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Europarat: M. Beck fragt Lawrow nach Menschenrechten in Russland

Für die zweite Hälfte des Jahres 2006 übernimmt Russland den Vorsitz des Europarats. Als Vorsitzender des Ministerkomitees des Europarates muss der Russische Außenminister Sergej Lawrow der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, die sich vom 2. bis 6. Oktober 2006 in Strasbourg zusammenfand, über die Arbeit des Komitees berichten. Dazu gehört auch die Möglichkeit der Abgeordneten, Fragen an den Vorsitzenden zu stellen. Diese Gelegenheit nutzte Marieluise Beck und sprach den russischen Außenminister auf das neue NGO-Gesetz und die allgemeine menschenrechtliche Lage in Russland an:

Marieluise Beck:

Angesichts der Tatsache, dass es keine stabilen Gesellschaften kann ohne pluralistische und lebendige Zivilgesellschaften, die Menschen aktiv am öffentlichen Leben teilnehmen lässt, habe ich mit Aufmerksamkeit die Annahme und Umsetzung des NGO-Gesetzes in der Russischen Förderration verfolgt. Die Campagnien gegen renommierte Organisationen wir „Memorial“, die Moskauer Helsinki-Gruppe, das Komitee der „Soldatenmütter von Russland“ oder die „Gesellschaft für russisch-tschetschenische Freundschaft“ sind äußerst beunruhigend.

Angesichts der Tatsache, dass Präsident Wladimir Putin auf dem G8-Gipfel in St. Petersburg öffentlich zusagte, die Umsetzung des NGO-Gesetzes noch einmal zu überprüfen;

Feststellend, dass Toleranz und Nichtdiskriminierung hohes Gut der internationalen Agenda sind und die Russische Förderation zu den Zeichnern solcher internationaler Standards und Vereinbarungen innerhalb des Europarats und anderer Organisationen gehört. Solche Standards und Vereinbarungen werden verletzt, sobald fundamentale Rechte von Schwulen und Lesben verletzt werden.

Angesichts der Tatsache, dass aktuelle Ereignisse zeigten, das die Beschränkung des Rechts der Zivilgesellschaft auf friedlichen Demonstration in der Russischen Förderation für Lesben und Schwule noch weiter eingeschränkt werden. Der deutsche Parlamentarier Volker Beck ist mehrfach von Moskauer Behörden drangsaliert worden. Lesben und Schwule können in der Russischen Förderation – wie auch in vielen anderen Ländern – nicht öffentlich den Christopher Street Day feiern.

So frage ich den Vorsitzenden des Ministerkomitees,

ob er uns weitere Informationen geben kann, wie die Zusage von Präsident Putin umgesetzt worden ist, bzw. wird; und welche Schritte die Russische Förderation unternommen hat um die Rechte von Lesben und Schwulen auf nationaler wie internationaler Ebene, sowie im Rahmen von Europarat und OSZE zu stärken.

Der Präsident: Herr Lawrow, würden sie bitte die Frage beantworten?

Sergej Lawrow antwortet, dass die Russische Förderation bei der Erwägung einer Änderung der russischen NGO-Gesetzgebung darauf Acht gab, im Rahmen der Europäischen Menschenrechtskonvention zu bleiben. Das Sekretariat gab hierzu wertvolle Hinweise zum Gesetzesentwurf. Die Russische Förderation wird den Dialog Umsetzung des neuen Gesetzes mit der Organisation fortsetzen.

Bezüglich des zweiten Teils der Frage betont Herr Lawrow die Wichtigkeit von Toleranz als universalem Wert. Entsprechend der Europäischen Menschenrechtskonvention existiert in der Russischen Förderation das Recht der friedlichen Versammlung. Die Polizei hat die Aufgabe, die öffentliche Ordnung zu schützen. Ein kürzlich abgehaltenes G8-Treffen junger Menschen sieht er als Beispiel für einen gelungenen Umgang mit der Versammlungsfreiheit.

Der Präsident: Vielen Dank. Möchten sie eine Zusatzfrage stellen, Frau Beck? Sie haben 30 Sekunden Zeit.

Marieluise Beck: Danke für die Antwort, Herr Minister.

Es besteht Einigkeit darin – dies hat Ihr Vortrag vorhin auch gezeigt – dass das Streben nach Menschenrechten und Demokratie Freiheit voraussetzt, und dazu gehört wiederum eine lebendige Zivilgesellschaft.

Darf ich Sie bitten, als Außenminister insbesondere für Ihre Kollegen Innenminister und Finanzminister mit auf den Weg zu nehmen, dass wir mit großer Sorge hören, dass NGOs über steuerrechtliche Fragen so hohe Steuerforderungen bekommen, dass ihre Arbeit eingestellt werden muss.

Ich nenne da insbesondere das „International Protection Centre“, das Menschen hilft, vor dem Europäischen Gerichtshof ihre Fälle vorzutragen.

Herr Lawrow dass, falls Frau Beck ihm die Unterlagen hierzu geben möchte, er sich des Falles annehmen würde. Es sei das erste Mal, dass er höre, das Steuern für NGOs erhoben würden.

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