Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Nie wieder Ruanda! Nie wieder Dafur?

Wir brauchen endlich entschlossene politische Initiativen zur Beendigung des schleichenden Völkermords in Darfur. Die Bundestagsfraktion will die Öffentlichkeit mobilisieren und startet eine E-Card-Kampagne.

Im westsudanesischen Darfur findet seit 2003 ein schleichender Völkermord statt. Mit einer Politik der ethnischen Vertreibung reagierte die diktatorische Zentralregierung in Karthoum auf den Aufstand bewaffneter Rebellengruppen der vernachlässigten Provinz. Das sudanesische Militär und die von ihm unterstützten Janjaweed-Reitermilizen sind für  Massaker an ganzen Dorfgemeinschaften und für Massenvergewaltigungen von Frauen und Mädchen verantwortlich. Inzwischen  sind etwa 300.000 Menschen gestorben, über zwei Millionen von sechs Millionen Einwohnern Darfurs leben in Flüchtlingslagern und ein großer Teil der Bevölkerung ist von dringend nötiger humanitärer Hilfe abgeschnitten. Kofi Annan - als UN-Verantwortlicher selber für das Versagen der internationalen Gemeinschaft beim Völkermord in Ruanda 1994 mitverantwortlich - ließ keine Gelegenheit aus, die internationale Gemeinschaft an ihre Verantwortung für die Menschen in Darfur zu erinnern: "Wie kann eine den Menschenrechten verpflichtete internationale Gemeinschaft diesen Horror weiter zulassen?", fragte er noch am Internationalen Tag der Menschenrechte im Dezember 2006.

UN-Resolutionen auch dank grüner Außenpolitik

Dennoch droht die internationale Gemeinschaft erneut wie 1994 in Ruanda zu scheitern. Zwar hat sich der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen des Themas Darfur angenommen, die Verbrechen zumindest dokumentiert, die Zuständigkeit des internationalen Strafgerichtshof beschlossen und eine Friedensmission der Afrikanischen Union (AU) mandatiert. Eine führende Rolle spielte dabei das deutsche Außenministerium unter Joschka Fischer und Staatsministerin Kerstin Müller, die im Mai 2004 als erste westliche Politikerin Flüchtlingslager im benachbarten Tschad besuchte. Entscheidende UN-Resolutionen zu Darfur gehen auf das Engagement Deutschlands zurück, das 2003/2004 Sicherheitsratsmitglied war.

Doch die 7.000-köpfige Friedensmission der AU konnte keine Verbesserung der Lage erreichen. Mangels robustem Mandat, Erfahrung, Ausrüstung und finanzieller Unterstützung konnte sie den Schutz der Bevölkerung nicht garantieren. Inzwischen gibt es spontane Proteste der von Übergriffen bedrohten Bevölkerung gegen die AU-Truppe. Auch das unter internationalem Druck zustande gekommene Darfur-Friedensabkommen vom Mai 2005 brachte keinen Durchbruch, sondern verschärfte den Konflikt sogar. Im Herbst erreichten die Kämpfe und die Übergriffe auf die Zivilbevölkerung einen neuen Höchststand und weiteten sich zunehmend auf den benachbarten Tschad und die Zentralafrikanische Republik aus. Schließlich beschloss der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, auch auf Wunsch der AU, die Entsendung einer robusten UN-Friedensmission mit 17.000 Soldaten und 3.000 Polizisten. Deren Entsendung scheiterte jedoch am Widerstand der sudanesischen Regierung, die darin durch die nachsichtige Haltung Chinas, Russlands und der Staaten der Arabischen Liga gestützt wird. Gegenwärtig wird deswegen darüber verhandelt, die UN-Unterstützung für die AU-Mission schrittweise auszubauen und es gibt Versuche zu neuen Friedensgesprächen mit allen Rebellengruppen zu kommen. Allerdings haben all diese Verhandlungen und Meldungen über vermeintlich erreichte Kompromisse die Lage der Bevölkerung bisher kein bisschen verbessert. Sie erlauben der sudanesischen Regierung bisher, ihre Militäraktionen und ihr Katz- und Maus-Spiel mit der internationalen Gemeinschaft fortzusetzen – wenn nicht die internationale Gemeinschaft endlich ernsthafte Initiativen ergreift.

Grüne Kampagne

Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen fordert deswegen die Bundesregierung auf, im Rahmen der EU-Präsidentschaft und des G8-Vorsitzes endlich ernsthafte politisch-diplomatische Initiativen zu starten, um den schleichenden Völkermord in Darfur zu stoppen. Wir brauchen dazu:

* die schnelle Aufstockung der unzureichenden Friedensmission der Afrikanischen Union und deren Übernahme durch die Vereinten Nationen,

* gezielte Sanktionen gegen die sudanesische Regierung, wenn diese weiterhin eine effektive internationale Schutztruppe ablehnt, sowie die Errichtung einer Flugverbotszone,

* die Erhöhung der humanitären Hilfe,

* umfassende Friedensverhandlungen, Entschädigung der Opfer und ein ziviles Wiederaufbauprogramm

* und die internationale Strafverfolgung der für Massaker, ethnische Vertreibungen und Massenvergewaltigungen Verantwortlichen.

Mit einer entsprechenden E-Card-Aktion an Bundeskanzlerin Merkel wenden wir uns an die Öffentlichkeit. Denn es darf nicht sein, dass die nach UN-Angaben gegenwärtig größte humanitäre Katastrophe weltweit die deutsche bzw. europäische Öffentlichkeit vergleichsweise wenig berührt.

Schreiben Sie hier eine E-Card an Angela Merkel