Zur einseitigen Unabhängigkeitserklärung des Kosovo erklären Marieluise Beck und Jürgen Trittin:
Die Unabhängigkeit des Kosovo war unvermeidbar. Bedauerlicherweise blieben die geduldigen Bemühungen der Troika erfolglos. Es ist eine Tragik, dass sich Serbien auch dem letzten Vermittlungsvorschlag der EU komplett verschloss. Eine einvernehmliche Lösung war nicht zu erreichen, weitere Verhandlungen hätten keine Aussicht auf Erfolg. Eine Verlängerung des jahrelangen Schwebezustands ist untragbar. Die einseitige Loslösung des Kosovo von Serbien ist ohne Zweifel problematisch, aber alternativlos.
Die kosovarische und die serbische Regierung müssen jetzt Besonnenheit zeigen, um eine Eskalation zu vermeiden. Ebenso notwendig ist ein entschiedenes und geschlossenes Auftreten der EU. Sie hat die Aufgabe sicherzustellen, dass die Prinzipien des Ahtisaari-Plans umgesetzt werden. Die beschlossene Polizei- und Rechtsstaatsmission EULEX muss schnellstmöglich umgesetzt werden, um die Mission der Vereinten Nationen, UNMIK, ersetzen zu können.
Die Bundesregierung und ihre Partner in der EU sind aufgefordert, vor einer Anerkennung des Kosovo den Beginn der ESVP-Mission EULEX und die dafür notwendigen Kapazitäten zu sichern.
Die Erwartungen der Kosovaren an die Unabhängigkeit sind hoch. Sie versprechen sich nicht zuletzt davon den lang ersehnten wirtschaftlichen Aufschwung. Doch die Unabhängigkeit wird kein Allheilmittel sein. Der kosovarische Staat wird weiterhin unter internationaler Obhut stehen und in seiner Souveränität deutlich eingeschränkt sein. Dem neuen Staat drohen eine Handelsblockade durch Serbien und die Unterbrechung der Wasser- und Stromversorgung.
Der Weg in die EU wird mit Schwierigkeiten beginnen und steinig sein. Beide Seiten die kosovarische Regierung und die EU stehen in der Verantwortung, diesen Weg zu bewältigen. Wir sind zuversichtlich, dass auch Serbien sich dem anschließt. Der Beitrittsprozess zur EU ist der gemeinsame Weg zur Überwindung des Konflikts.