Alexander Solschenizyn ist tot.
Der Autor des berühmtesten Buches über die Verbrechen des Stalinismus ist gestorben. Das Verdienst, diese weltweit bekannt gemacht zu haben, bleibt ihm trotz seiner nationalkonservativen Überzeugung.
Wer je den Archipel Gulag gelesen hat, ahnt zumindest, welche Bedeutung das jahrzehntelang betriebene riesige Zwangslagersystem für die russische Geschichte hatte und bis heute hat. Millionen und Abermillionen Häftlinge verbrachten dort Jahre und Jahrzehnte, viele starben dort, manche wurden gar dort geboren. Das Sklavenarbeitssystem, vor dem niemand in Stalins Reich sicher war, gehört zu den schlimmsten Verbrechen des 20 Jahrhunderts.
Alexander Solschenizyn war nicht der einzige und nicht der erste, der darüber aus eigenem Erleben öffentlich sprach oder schrieb. Aber die Kombination aus historischer Darstellung, nüchterner Analyse und leidenschaftlicher Anklage, die den Archipel Gulag ausmacht, verhalf dem Buch zu weltweitem Ruhm. Sein Autor hatte bereits zuvor, 1970, den Nobelpreis für Literatur bekommen für Werke zum gleichen Thema wie Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch oder Der erste Kreis der Hölle. Trotz der auch propagandistischen Bedeutung der damaligen Entscheidung des Nobelpreiskomitees mitten im Kalten Krieg diese Bücher rechtfertigen durchaus den Preis. Keines aber war so erfolgreich, wurde so bekannt wie der 1974 erschienene Archipel Gulag.
Dem Autor wurde daraufhin die sowjetische Staatsbürgerschaft entzogen, er wurde ausgewiesen. Solidariät im Westen fand er zunächst in der Bundesrepublik bei Heinrich Böll und Lew Kopelew, den er bereits aus dem Lager kannte.
Alexander Solschenizyn gehörte zu jenen Menschen, die in stalinistischen Lagern vom Kommunisten zum überzeugten Anti-Kommunisten wurden. Sein Leiden unter den sogenannten Linken machte ihn blind auf dem rechten Auge. Was blieb, war ein fast schon reaktionärer russischer Nationalismus. Natürlich freute er sich, als er 1990 seine Staatsbürgerschaft zurückbekam. 1994, nach dem Ende der Sowjetunion, kehrte er nach Russland zurück und nahm schließlich von Präsident Putin den lange verschmähten Staatspreis an.
Solschenizyns politische Überzeugungen sind uns fremd. Aber die Solidarität mit einem, der für die Wahrheit verfolgt wurde, bleibt auch im Nachhinein richtig und notwendig.