Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Persönliche Erklärung zur Abstimmung über Internetsperren gegen Kinderpornographie

In seiner Sitzung am 18. Juni 2009 enstchied der Bundestag über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen. Marieluise Beck enthielt sich bei der Abstimmung. Lesen Sie hier ihre Persönliche Erklärung, in der sie ihre Entscheidung begründet.

Persönliche Erklärung nach § 31 GO-BT zur Abstimmung zum Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen

Kinderpornographie ist eine der widerlichsten Formen von Kriminalität. Sie macht Geschäfte mit dem sexuellen Missbrauch von Kindern, traumatisiert sie und zerstört Lebenswege. Die Verbreitung von kinderpornographischem Material ist ein Straftatbestand und muss deshalb mit allen rechtsstaatlichen Mitteln verfolgt werden. Das gilt für alle Verbreitungswege. Deshalb ist es grundsätzlich richtig, eine gesetzliche Grundlage für die Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet zu schaffen.

Trotzdem ist die Kritik an dem vorliegenden Gesetzentwurf berechtigt. In vielen Punkten teile ich die kritische Bewertung des Vorhabens: Es erfüllt die Kriterien des Rechtsstaats nur unzureichend, der Datenschutz ist nicht hinreichend gewährleistet und es birgt die Gefahr, dass unsere Medienordnung aus der Balance gerät. Schwere Bedenken hat auch der Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung geäußert, der die ihm zugedachte Aufgabe als wesensfremd für sein Amt einstufte. Besonders schwer wiegen die verfassungsrechtlichen Bedenken, die in der Anhörung zum Gesetzentwurf formuliert worden sind.

Das Gesetz ist zudem technisch unzureichend und zu wenig spezifisch auf die Notwendigkeiten im Kampf gegen Kinderpornographie und sexuelle Ausbeutung von Kindern in Kommunikationsnetzwerken ausgerichtet.

Kinderpornographie im Internet ist mit allen rechtsstaatlichen Mitteln zu bekämpfen. Auch ausländische Seiten mit kinderpornographischem Inhalt müssen konsequent aus dem Internet entfernt werden, so wie dies bereits mit deutschen Seiten nach rechtsstaatlichem Verfahren geschieht. Es kann auch gute Gründe geben, Internetseiten mit Kinderpornographie zu sperren: Kinderpornographie fügt den betroffenen Kindern schwerste Verletzungen zu und traumatisiert sie oftmals fürs Leben. Das dürfen wir nicht zulassen!

So argumentiert Unicef in seinem Report 2009 zum Stopp der sexuellen Ausbeutung: „Eine gesetzliche Verankerung des Access Blocking führt zumindest zu einer Erschwernis des Zugangs und verdeutlicht vor allem die gesellschaftliche Ächtung der Herstellung, der Verbreitung und des Konsums von Kinderpornographie.“

In der Vergangenheit hat das staatliche Vorgehen gegen Kinderpornographie im World Wide Web Erfolge gebracht. Kinderpornographische Angebote wurden aufgespürt, ihre Entfernung verfügt und Strafverfahren eingeleitet. Und es gibt das Mittel der richterlichen Sperrverfügung, mit dem Internet-Zugangs-Anbieter gezwungen werden können, durch technische Maßnahmen den Zugang ihrer Kunden zu bestimmten Internetangeboten zu verhindern. Diese Mittel soll weiterhin angewendet und schneller eingesetzt werden. Deutlich ist jedoch auch, dass mit den sich rasch entwickelnden technischen Möglichkeiten und der kriminellen Energie der Täter neue Handlungsfelder für den Kampf gegen sexuelle Ausbeutung von Kindern entstanden sind und dieser Herausforderung wird der Gesetzentwurf der Bundesregierung nicht gerecht.

Die Zielsetzung des von der Regierungskoalition vorgelegten Gesetzentwurfs teile ich voll und ganz. Allerdings geben Art und Ausführung des Gesetzes kaum Anlass zu der Hoffnung, dass es die selbst gesetzten Ziele erreichen wird.

In der Abwägung, dass es verfassungsrechtliche Bedenken gibt, der Datenschutzbeauftragte in seinem Auftrag entfremdet und das vorgegebene Ziel kaum erreicht wird, enthalte ich mich bei dem von den Koalitionsfraktionen vorgelegten Gesetzentwurf.

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Lesen Sie hier die Erklärung von Unicef und fünf weiteren Kinderschutzorganisationen .

Lesen Sie hier einen Kommentar zur Abstimmung von Christian Rath in der taz vom 19. Juni 2009.

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