Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Russland: Bundestag kritisiert mangelnde Rechtsstaatlichkeit

Zur Verabschiedung eines interfraktionellen Antrags zur Rechtsstaatlichkeit in Russland erklärt Marieluise Beck:

Der Bundestag kritisiert in dieser Woche am Beispiel des aktuellen Prozesses gegen Michail Chodorkowski den Zustand des Rechtsstaats in Russland. Kurz vor Ende der Wahlperiode ist es gelungen, eine Mehrheit für einen entsprechenden Antrag zu gewinnen. Damit sendet das deutsche Parlament eine klare Botschaft: wir wollen einen Rechtsstaat in Russland, und der Prozeß gegen Chodorkowski ist ein Zeichen für seine Defizite.

Der derzeit stattfindende Prozeß ist offensichtlich politisch motiviert. Der Vorwurf eines Wirtschaftsverbrechens ist ein konstruierter Vorwand, zumal die Anklage früheren Vorwürfen in gleicher Sache widerspricht. Gemeint ist ein politischer Gegner Kreml-naher Gruppen, die sich vom ehemals reichsten Mann Russlands bedroht fühlen.
Zugleich ist der Prozeß nur die bekanntgewordene Spitze eines Eisbergs. Chodorkowski steht für viele andere, die im Gefängnis sitzen oder auf der Flucht sind. Neben dem Ziel, Kritiker mundtot zu machen, geht es dabei nicht zuletzt um eine Umverteilung von Reichtum. Denn nicht nur die Prozesse sind konstruiert, auch die Zerschlagung von Chodorkowskis prosperierendem Konzern war rechtstaatlich fragwürdig. Nutznießer waren die staatlich kontrollierten Konzerne Gasprom und Rosneft, hinter denen die gleichen Gruppen stehen, die Chodorkowski bereits 2003 ins Gefängnis brachten.
Präsident Medwedjew hat bei seinem Amtsantritt Engagement für den Rechtsstaat angekündigt. Mehrere Bundestagsabgeordnete haben den Prozeß gegen Michail Chodorkowski beobachtet, andere werden folgen. Keiner hatte dort bisher den Eindruck, dass Medwedjews Einsatz Früchte trüge. Zu hoffen ist, dass sich das noch ändert.

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Laden Sie sich hier den Antrag von der Internetseite des Bundestags herunter (PDF).

Am 2. Juli 2009 debattierte der Bundestag über den Antrag. Lesen Sie hier den Redebeitrag von Marieluise Beck.

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