Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Chodorkowski-Urteil: Ein Schlag gegen die Hoffung auf Demokratisierung Russlands

Zum Moskauer Urteil gegen Michail Chodorkowski und Platon Lebedew erklären Marieluise Beck, MdB und Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich Böll Stiftung:

Das Urteil gegen die Angeklagten bestätigt die schlimmsten Befürchtungen. Auf der Basis einer abstrusen Anklage sollen Chodorkowski und Lebedew bis 2017 im Gefängnis verschwinden. Der Richter folgte damit dem Plädoyer der Staatsanwaltschaft. Ein Aussetzen der Strafe auf Bewährung lehnte er mit der zynischen Begründung ab, dass eine „Besserung der Angeklagten nur unter der Bedingung ihrer Isolierung von der Gesellschaft“ möglich sei.

Das Strafmaß ist ein klares Signal, dass man die Hoffnung auf eine Liberalisierung Russlands vergessen kann, so lange Ministerpräsident Putin das Sagen hat. Präsident Medwedews Appelle für Rechtsstaatlichkeit und eine starke Zivilgesellschaft sind nur Schall und Rauch. Stattdessen erleben wir eine Verhärtung autoritärer Strukturen. Zur „gelenkten Demokratie“ Putins gehört auch eine gelenkte Justiz, die nicht einmal den Schein von Rechtsstaatlichkeit wahrt.

Bundesregierung und Europäische Union müssen jetzt ihre Politik der Modernisierungs­partnerschaft mit Russland überprüfen. Eine nachhaltige Modernisierung des Landes ist ohne Rechtssicherheit, politischen Pluralismus und unabhängige Medien nicht möglich. Die Demokratiefrage muss stärker ins Zentrum der Russlandpolitik rücken. Dazu gehört die Unterstützung der demokratischen Kräfte in Russland, die auf unsere Solidarität angewiesen sind.

Man muss das Moskauer Urteil gegen Chodorkowski und Lebedew im Zusammenhang mit den aktuellen Ereignissen in Weißrussland sehen. Es droht ein autoritäres Staatenbündnis im Osten Europas. Auf diese Herausforderung muss die EU eine Antwort finden.

Kategorie: