Eines, wenn nicht das wichtigste strategische Projekt der ersten Amtszeit Wladimir Putins von 2000-2004 war es, die russische Gas - und Ölindustrie wieder unter staatliche Kontrolle, soweit möglich in staatlichen Besitz zu bringen. Damit waren drei Ziele verbunden: Erstens den Staat, der in den letzten Jahren der Präsidentschaft Jelzins praktisch von den deshalb so genannten Oligarchen regiert wurde, als Staat wieder handlungsfähig zu machen.
Zweitens stand dahinter die Erkenntnis, dass die Kontrolle über die Ressourcen auch weitgehende Kontrolle über die politischen Prozesse in Russland erlaubt (und damit den Machterhalt sichert). Drittens wurden die Öl- und Gasvorkommen nach dem Ende der Sowjetunion als einziges realistisches Mittel gesehen, Russland zumindest einen Teil seiner verlorenen geopolitischen Bedeutung wieder zu verschaffen.
Direkt nach seinem Amtsantritt begann Putin die Oligarchen zu bekämpfen. Die beiden öffentlich und politisch bis dahin aktivsten, Boris Beresowski und Wladimir Gussinski, wurden strafrechtlich verfolgt und in die Emigration getrieben. Allen anderen bot Putin, unter anderem bei einem Treffen im Kreml im Jahre 2001, eine Art Deal an: Sie sollten sich aus der Politik heraushalten, strategische Entscheidungen des Kremls mittragen, dafür aber ihre Konzerne behalten dürfen. Alle fügten sich - außer Michail Chodorkowski.
Chodorkowski forderte Putin heraus, indem er offen politische Parteien finanzierte (Jabloko, Einiges Russland, KP), oppositionelle Abgeordnete unterstützte und öffentlich Korruption von Puten-Vertrauten anprangerte.
Daraufhin wurde er gewarnt, davon Abstand zu nehmen und am besten außer Landes zu gehen. Chodorkowski ignorierte die Warnungen. Im Sommer 2003 wurde als nun schon handfeste Warnung sein Partner Platon Lebedew verhaftet. Chodorkowski zeigte sich äußerlich unbeeindruckt. Ende Oktober 2003 wurde er selbst verhaftet und 2005 zusammen mit Lebedew zu jeweils 8 Jahren Lagerhaft verurteilt. 2007 begann ein zweites Verfahren gegen die beiden, seit dem 31.03. 2009 läuft in Moskau der Prozess.
Die Verhaftung Chodorkowski wird heute allgemein als das Ende aller liberalen Tendenzen der ersten Präsidentschaft Putins bewertet. Danach nahm die gelenkte Demokratie Fahrt auf.