Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Rede im Europarat zum Stimmrechtsentzug für die russische Delegation

Am 24. Juni debattierte die Parlamentarische Versammlung des Europarats die Verlängerung der Sanktionen gegen die russische Delegation. Den Kolleginnen und Kollegen aus der russischen Staatsduma wurde 2014 das Stimmrechts in der Parlamentarischen Versammlung entzogen, nachdem Russland die ukrainische Halbinsel Krim annektierte und begann, mit einer militärischen Aggression im Donbass gegen das Nachbarland vorzugehen. Die Delegierte sahen hierin einen Verletzung der Grundwerte des Europarats, den sie mit dem Entzug des Stimmrechts beantworteten. Da die Ursache für die Sanktionen unverändert fortbestehen, forderte die Parlamentarische Versammlung, an dem Stimmrechtsentzug festzuhalten.
 
 
 
Lesen Sie hier den Redebeitrag von Marieluise Beck nach:
 
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
 
Ich habe in meinem politischen Leben einmal sehr deutlich gelernt, dass das erste, worauf Opfer einen Anspruch haben, die Wahrheit ist. Das war, als Bosnien über Jahre hinweg angegriffen wurde und wir sogar im Fernsehen sehen konnten, wie in der Stadt Sarajevo Zivilisten beschossen wurden. Wir haben uns damals sehr schwergetan, wirklich auszusprechen, was dort passierte, weil wir lieber in der Äquidistanz bleiben wollten.
 
Ich glaube, es ist unverzichtbar, dass wir alle uns der Verpflichtung stellen, genau hinzuschauen und nichts zu verdrängen zu versuchen. Ich fordere alle Kollegen Parlamentarier auf, sich bei ihren nationalen Geheimdiensten Bilder und andere Beweise zeigen zu lassen, um ein klares Bild davon zu erhalten, was im Donbass passiert. Sie können klare Belege dafür bekommen, dass dort russische Kräfte auf dem Territorium der Ukraine tätig sind.
 
Wir sagen, dass wir den Dialog mit den Kollegen beibehalten müssen. Das ist richtig, sofern die Kollegen auch nur ein winziges Zeichen aussenden, dass sie einen Dialog wünschen.
 
Hat schon einer unserer Kollegen gesagt, dass er die Gefangenschaft von Nadejda Savtchenko – Ihrer Kollegin – nicht richtig findet? Hat es schon ein so kleines Zeichen von den russischen Kollegen gegeben?
 
Auch musste der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung heute seine Reise nach Russland absagen, weil er zur nicht erwünschten Person erklärt wurde.
 
Es gibt derzeit kein Zeichen des Wunsches und der Offenheit von unseren russischen Kollegen. Das bedaure ich.
 
Wir dürfen aber auch nicht so naiv sein, es nicht zur Kenntnis zu nehmen, wenn die Versammlung und damit ihre Autorität brüskiert wird. Wir dürfen diese Autorität nicht einfach weggeben, sondern müssen auf den klaren Regeln und der Geschäftsgrundlage dieses Europarats bestehen. Jeder, der hier mitmachen und gemeinsam an der Gewinnung von Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Frieden für Europa arbeiten möchte, ist eingeladen, diese Geschäftsgrundlage anzunehmen.
 
Wenn uns aber ein Mitgliedstaat ostentativ zeigt, dass ihn diese Prinzipien im Augenblick überhaupt nicht interessieren, dann dürfen wir nicht so naiv sein, nicht zu reagieren. 2008, im Rahmen des Krieges mit Georgien, haben wir nicht reagiert. Ist daraus eine größere Offenheit der russischen Delegation entstanden?
 
Ich glaube, wir haben damals einen Fehler gemacht. Deswegen bin ich dafür, dass wir die Autorität der Versammlung reklamieren, indem wir dieser vorgeschlagenen Resolution folgen.
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