Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Rede zu Serbien im Europarat

Am 25. Januar 2012 diskutierte die Parlamentarische Versammlung des Europarats den turnusmäßigen Monitoringbericht zur Umsetzung der Europaratsstandards durch Serbien. In ihrer Rede wies Marieluise Beck u.a. auf die Schwierigkeiten bei der Aufarbeitung der eigenen historischen Vergangenheit hin, die dennoch auch von Serbien geleistet werden müsse.

Sehen Sie hier die Rede als Video (folgt).

Lesen Sie hier den Redetext:

Frau Vorsitzende!

Ich danke den Kollegen für ihren Bericht.

Es ist erfreulich, wenn es in diesem Haus, in dem wir uns ja häufig eher mit negativen Nachrichten beschäftigen, auch einmal gute Nachrichten zu vermelden gibt. Vieles, was Sie in diesem Monitoringverfahren zusammengetragen haben, bedeutet eine gute Perspektive für das Land, auch auf seinem Weg in die Europäische Union.

Mich als Parlamentarierin freut dabei ganz besonders die offensichtliche Stärkung der Kolleginnen und Kollegen im serbischen Parlament. Auch die Fortschritte im Rechtswesen sind ein guter Beitrag, um in die EU zu gelangen.

Zu den Problemen: Sie nannten unter anderem auch die Korruption als eine der Schwierigkeiten. Dieses Problem gibt es in vielen Transformationsländern und auch in westlichen, alten Demokratien. Das, was wir im Kosovo, insbesondere im Nordkosovo, häufig als politisch und ethnisch motivierten Konflikt sehen, hat mehr mit organisierter Kriminalität und Korruption zu tun, als es nach außen hin scheint.

Ich weiß das deswegen, weil deutsche KFOR-Truppen vor Ort sind – ein deutscher Soldat wurde dort sehr schwer verletzt - und ich mich selbst dort aufgehalten habe.

Leider ist das Nordkosovo zu einer Art schwarzem Loch geworden, aus dem heraus durch beide Ethnien, die albanische als auch die serbische, organisierte Kriminalität aufgebaut wird. Auf beiden Seiten haben diese Menschen ein großes Interesse daran, diesen Ort der Rechtlosigkeit aufrechtzuerhalten.

Insofern ist es auch im Sinne von Kriminalitätsbekämpfung von großem Interesse, dass die serbische und die albanische Regierung in dieser Region zusammen für gutnachbarschaftliche Beziehungen sorgen.

Gutnachbarschaftliche Beziehungen sind eine der Voraussetzungen für den Weg in die EU. Ich weiß, dass das ein ungeheuer schmerzhafter Prozess ist, auch wenn man selbst politisch nicht die Schuld daran trägt – und die jetzige Regierung hat mit dem Krieg von Milošević nichts zu tun –, denn es geht darum, anzuerkennen, dass man ein Stück des Landes weggeben muss.

Ich erinnere mich, wie erbittert in Deutschland in meiner Jugend, in den 60er Jahren, die Auseinandersetzungen um das Aufgeben und das Freigeben der deutschen Ostgebiete waren. Wir trugen keine Schuld, aber wir hatten eine historische Verantwortung, ein Erbe zu übernehmen, das wir nicht ausschlagen konnten.

Ich denke, das ist eine wichtige Debatte, die Serbien helfen wird, sich so frei zu machen, dass es dann in der EU auch unserer Partner sein kann.

Schönen Dank.

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