Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Zusammenarbeit von Interpol und Belarus

Bis heute verteidigt Interpol die Verurteilung von Wladislaw Kowlajow und Dmitrij Konowalow wegen des Bombanattentats in der Minsker U-Bahn im April 2011 als rechtmäßig. International wurde die Hinrichtung beider scharf kritisiert, weil ihre Schuld mangels belastbarer Beweise als äußerst fragwürdig gelten musste.

Am 12.05.2011 (einen Monat nach dem Anschlag) reiste Interpol-Generalsekretär Ronald K. Noble zu einem zweitägigen Besuch nach Minsk, um über den Terroranschlag zu sprechen. Er unterbrach hierfür seine Teilnahme an der Europäischen Regionalkonferenz von Interpol in Malta. Noble traf er Innenminister Anatolij Kuleschow (unter Visumsbann) und lobte in Minsk "die hohe Professionalität" der Ermittlungen.

Am 13.05.2011 gab Noble per Pressemitteilung bekannt, dass man Fingerabdrücke von Belarus erhalten habe, die mit solchen von 2008 übereinstimmten. Damals habe Belarus nach einem Anschlag ohne Todesopfer Fingerabdrücke von einer zweiten entschärften Bombe an Belarus übergeben. Noble verletzt die Unschuldsvermutung und behauptet in der PM, dass zwei bisher nicht verbundene Terroranschläge von der selben Person verübt wurden. Die Namen Wladislaw Kowaljow und Dmitrij Konowalow werden nicht genannt. Noble konnte die Herkunft der Fingerabdrücke nicht verifizieren. Der Prozess begann erst vier Monate später.

Den beiden Hingerichteten wurde im Prozess auch der Anschlag 2008 zur Last gelegt. Lukaschenko rechtfertigte die Hinrichtungen im russischen Fernsehen am 22.03.2012 damit, dass Interpol die Ermittlungen eng begleitet habe und nie Zweifel an den Ergebnissen geäußert habe.

Am 30.07.2012 berichtet die BBC Radio 4 über Interpols Verwicklungen in die Verurteilung der nach den rechtsstaatlichen Kriterien unschuldig Hingerichteten. Interpol rechtfertigte in einer Gegendarstellung Nobles Verletzung der Unschuldsvermutung damit, dass er nach Durchsicht der gesammelten Beweise und Analysen zu dem Schluss kam, dass die Untersuchungen mit hoher Professionalität durchgeführt worden seien und die Verhaftung von Konowalow und Kowaljow die Frage nach den Verantwortlichen für den Bombenanschlag gelöst habe. Er habe im Lichte der vorliegenden Beweise an eine realistische Aussicht auf Verurteilung der beiden geglaubt. Er stehe zu seiner damaligen Erklärung noch heute.

Weiterhin erwähnt Interpol in seiner Gegendarstellung die Videos aus den U-Bahn-Überwachungskameras, die deutlich zeigten, wie

- Konowalow und Kowaljow sich am Vortag treffen und die Tasche mit der Bombe trügen

- Konowalow vorm Anschlag die Bombe zum Anschlagsort bringe, und

- „irgendetwas mit seiner Hand“ zur Fernauslösung der Sprengung tue.

Die Videos sind auf der Interpolseite eingestellt, sowie der propagandistische Dokumentarfilm des belarussischen Staatsfernsehens zum Jahrestag des Anschlags.

Die U-Bahn-Videos sind offensichtlich manipuliert worden. Videoanalysten des FSB haben zudem im Prozess ausgesagt, dass die betreffende Person auf den Videos wegen schlechter Qualität nicht zu identifizieren sei und in der Statur Konowalow eher unähnlich sehe. Die Verurteilung der Hingerichteten basierte letztlich nur auf den erfolterten Geständnissen.

Am 18.01.2012 reiste der damalige Innenminister Anatolij Kuleschow unter Umgehung seines Visumsbann zur Unterzeichnung eines Abkommens mit Noble ins Interpol-Hauptquartier nach Lyon .

Thema: