Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Rede im Europarat zu Aserbaidschan

Am 23. Juni 2015 diskutierte die Parlamentarische Versammlung des Europarats den Bericht des Monitoringausschusses über die Umsetzung der in der Organisation geltenden demokratischen und meschenrechtlichen Prinzipien in Aserbaidschan. Das Land ist seit 2001 Mitglied im Europarat und hat sich durch seinen Beitritt und Unterzeichnung mehrerer Konventionen zur Einhaltung demokratischer Grundrechte verpflichtet. Der Bericht stellt fest, dass grundlegende Rechte wie Meinungs-, Presse- und Versammlingsfreiheit in Aserbaidschan nicht gewährt werden. Vor allem die nahezu flächendeckende Verfolgung von Regierungskritikern bereitet Sorge.

Lesen Sie hier den von der Versammlung beschlossenen Bericht.

Lesen Sie hier den Redebeitrag von Marieluise Beck:

Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir müssen immer wieder darüber nachdenken, wozu der Europarat eigentlich da ist, und dass die Mitgliedsländer ihm auf freiwilliger Basis beitreten. Niemand wird zum Beitritt gezwungen!

Wer dem Europarat beitritt, akzeptiert damit auch eine „Geschäftsgrundlage“, nämlich die Einhaltung von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Diese sind natürlich nirgends perfekt umgesetzt, aber mit dem Beitritt wird das Versprechen abgegeben, sich in Richtung Demokratie zu bewegen.

Als ich vor einigen Jahren in Aserbaidschan unterwegs war, konnte ich sehr wohl noch junge Menschen treffen, die sich in NGOs, Umweltschutz- und Menschenrechtsgruppen engagierten. Es herrschte wenig Angst. Leider hat sich dieser Zustand verschlechtert. Heute müssen die Bürger, die sich für Demokratie oder Menschenrechte einsetzt, Angst haben. Es ist nicht nur der Kampf um die Frage, ob es politische Gefangene gibt und wie viele es sind.

Dies muss uns beunruhigen. Das kann auch nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass das Land wegen einer territorialen Auseinandersetzung unter Stress steht. Wir können diesen Stress doch nicht als Entschuldigung dafür nehmen, dass Rechtsstaats- und Menschenrechtsprinzipien infrage gestellt werden.

Diese Versammlung hat nur die Kraft, sehr laut und deutlich die Lage beim Namen zu nennen. Vor einigen Jahren wurde der Name Magnitzki hier erwähnt, der in Russland inhaftiert war. Obwohl wir deutlich sagten, dass wir uns um sein Leben sorgten, konnten wir nicht verhindern, dass er im Gefängnis zu Tode kam.

Wenn wir jetzt dramatische Warnungen über die gesundheitliche Verfassung des Ehepaares Yunus erhalten, so kann ich nur hoffen, dass wir nicht wieder ohnmächtig erkennen müssen, dass diese Versammlung nicht einmal in der Lage ist, das Leben von Menschen zu retten, bei denen wir nicht wissen, wie lange ihre prekäre Gesundheit die Gefangenschaft aushalten wird.

Deshalb bitte ich die Kollegen aus Aserbaidschan, die freiwillig hier sind, alles zu tun, damit sie sich selbst und uns ernst nehmen. Denn sonst brauchen wir uns hier nicht mehr zu treffen.

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