Zum Urteil des Zivilgerichts in Den Haag, das den Niederlanden eine Mitverantwortung für den Tod von 300 der 8.000 Opfer des Massakers im bosnischen Srebrenica im Jahr 1995 gegeben hat, erklärt Marieluise Beck, Vorsitzende der deutsch-bosnischen Parlamentariergruppe im Deutschen Bundestag:
Die Entscheidung der UNO, in Srebrenica keine Gewalt einzusetzen, hat 8.000 Menschen das Leben gekostet. Die Niederlande war damals über das Versagen seiner Soldaten tief erschüttert. Doch dies ist keine Schuld der Niederlande allein. UN Generalsekretär Kofi Annan hatte damals verzweifelt nach Ländern gesucht, die bereit waren, Soldaten zu stellen, um die von der UN zur "Schutzzone" erklärte Enklave zu schützen. Keine Regierung kam dieser Bitte nach. Letztlich ließen sich die Niederländer breitschlagen und schickten 600 Soldaten. Doch weder das UN-Mandat noch die Ausrüstung der entsandten Schutztruppen reichten für einen effektiven Schutz aus. Das Morden von Srebrenica ist die Schuld einer Weltgemeinschaft, die die UN nicht ernst nimmt und ihre Aufgaben nicht so unterstützt, wie es nötig wäre.
Hintergrund: Am 11. Juli 1995 nahmen die Tschetniks unter Führung von General Mladic die Stadt Srebrenica ein, in der seit 1993 rund 50.000 Menschen zusammengepfercht lebten (die Stadt hatte ursprünglich 6.000 Einwohner). Den Menschen wurde geraten, auf der UN Station Potocari, die etwa sechs Kilometer vor der Stadt lag, Schutz zu suchen. Die niederländischen Soldaten weigerten sich zunächst, die verängstigten Menschen auf den Platz zu lassen - nicht aus Bosheit sondern aus Angst und Überforderung. Sie baten die UN um Luftunterstützung. Die Flieger starteten in Sizilien und kreisten über dem Platz. Hoffnung bei den verzweifelten Flüchtlingen. Doch dann bogen sie wieder ab - angeblich hatte ein kaputtes Fax den Befehl nicht weitergeleitet. Was dann folgte, ist bekannt. Frauen und Kinder wurden in Busse verfrachtet und aus der Enklave nach Tuzla gebracht. Männer und männliche Jugendliche zwischen 13 und 78 Jahren wurden selektiert und in den Wäldern erschossen - vermutlich mehr als 8.000.