Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Russland: Das Urteil gegen Nawalnyj sollte nicht täuschen

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Никита Баталов для Википедии CC-BY-SA-3.0

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Никита Баталов для Википедии CC-BY-SA-3.0

Zum Urteil im Berufungsverfahren gegen Alexej Nawalnyj erklärt Marieluise Beck, Sprecherin für Osteuropapolitik:

Die Umwandlung der Haftstrafe des Kremlkritikers Nawalnyj in eine Bewährungsstrafe überrascht. Dennoch sollten wir uns von dieser Nachricht nicht täuschen lassen. Sie ist kein Beleg für die Unabhängigkeit der russischen Justiz.

Lebedew, Chodorkowski und Nawalnyj in der Strafkolonie - dieses Signal kann der Kreml wenige Monate vor den Olympischen Spielen in Sotschi nicht gebrauchen. Es passt dem Kreml offensichtlich derzeit besser ins Konzept, das Damoklesschwert einer Vollstreckung der Strafe über Nawalnyj zu belassen, statt ihn unter den Augen der internationalen Öffentlichkeit ins Lager zu verfrachten. Die Möglichkeit, in den kommenden Jahren für ein politisches Amt zu kandidieren, bleibt dem Oppositionellen auch nach heutigem Urteil verwehrt. Nawalnyj ist politisch ausgeschaltet.

Auch wenn man die nationalistisch gefärbten Ansichten Nawalnyjs nicht teilt, steht fest, dass sein Verfahren politisch motiviert ist und auf äußerst fragwürdigen Vorwürfen fußt. Das beklagt auch Amnesty International.

Politische Gegner, die sich nicht ins Abseits drängen lassen, werden kriminalisiert. Dieser Grundsatz des Kremls gilt weiterhin. Erst die Freilassung der politischen Gefangenen von Michail Chodorkowski über Greenpeace AktivistInnen bis zu den Aktionskünstlerinnen von "Pussy Riot" wäre ein Anzeichen dafür, dass Putin von seiner bisherigen Politik abrückt.