Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Serbien: Milosevics Erben als Chance für Europa?

Zur Lage in Serbien nach den Wahlen erklärt Marieluise Beck MdB:

Durch ihr überraschend gutes Abschneiden haben die in Richtung EU orientierten politischen Kräfte eine Chance. Dafür müssten sich die Anhänger von Tadic und den Wirtschaftsliberalen mit der SPS des im Jahr 2000 gestürzten Präsidenten Milosevic und den Minderheitenvertretern auf eine Koalition einigen.

Diese Kombination wäre alles andere als einfach. Denn die Erben Milosevics haben nichts aus der Vergangenheit gelernt. Zwar mussten sie den Den Haager Prozess gegen ihren Vorsitzenden als Hautpverantwortlichem für vier Kriege hinnehmen. Aber die Auslieferung von Ratko Mladic, dem Befehlshaber beim Massenmord in Srebrenica, haben sie bis heute erfolgreich verhindert. Die SPS wird sich eine Zustimmung zur westwärts gewandten Politik Tadics teuer bezahlen lassen.

Die EU hat mit ihren Angeboten zweifellos das Wahlergebnis zugunsten der Demokraten beeinflusst. Damit ist auch sie ein Risiko eingegangen. Die lauten Debatten in Brüssel über die Aufweichung ihrer Forderungen an Serbien müssen deshalb aufhören. Die Glaubwürdigkeit der EU-Werte verträgt keine weiteren Belastungen. Wenn jetzt ein Abkommen mit Serbien auch ohne ausreichende Kooperation mit dem Internationalen Tribunal möglich sein sollte, wären die EU-Forderungen, für deren Erfüllung Zoran Djindjic 2003 ermordet wurde, umsonst gewesen.

Wichtig ist: Die Tür der EU ist offen und bleibt offen. Ihre Beitritts-Bedingungen erfordern schmerzliche und riskante Entscheidungen für jede serbische Regierung. Dennoch: Für eine europäische Zukunft Serbiens müssen sie getroffen werden. Die künftige Regierung muss sich zu den Fehlern der serbischen Politik der Vergangenheit bekennen und mit ihr die serbische Gesellschaft.

Für jedes Mitglied der EU müssen die gleichen Bedingungen gelten. Der Eindruck, die EU messe die Länder des westlichen Balkan mit doppeltem Standard, erschwert die Entwicklung in allen betroffenen Ländern. Die ausstehende Unterzeichnung des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens mit Bosnien-Herzegowina muss deshalb umgehend erfolgen. Sonst gerät die Balkan-Politik der EU in eine skandalöse Schieflage

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