Zum heute in Brüssel beginnenden EU-Russland-Gipfel erklärt Marieluise Beck, Sprecherin für die Osteuropapolitik:
Nach den Ereignissen der vergangenen Tage darf es in den EU-Russland-Beziehungen nicht beim "business as usual" bleiben.
Die EU muss ein deutliches Wort zu den gravierenden Verletzungen demokratischer Standards bei den vergangenen Parlamentswahlen finden. Die ernsthaften Vorwürfe der OSZE und des Europarats gehören auf die Tagesordnung des Gipfels. Die EU ist aufgefordert, sich auf die Seite derer zu stellen, die in Russland ihre Stimme gegen die Wahlfälschungen erheben. Die Fälschungsvorwürfe sind aufzuklären, die weiterhin inhaftierten Demonstrantinnen und Demonstranten sind freizulassen. Die Schikane von Aktivistinnen und Aktivisten, die unabhängige Wahlbeobachtungen durchführen, muss ein Ende haben.
Gleichzeitig gilt es, dem Aufbruch der Gesellschaft durch das Öffnen der Türen der EU zu begegnen. Das bedeutet Reisefreiheit. Zehntausende mutige Menschen haben in diesen Tagen ihr Recht auf Versammlungsfreiheit in die Hand genommen und gegen die Zumutungen einer gelenkten Demokratie protestiert. Es wird ihre Aufgabe sein, eine echte Demokratie und den Rechtsstaat in Russland aufzubauen. Die unter Putins Regierung gelähmte russische Gesellschaft braucht jetzt einen möglichst intensiven Austausch und Begegnungen mit den demokratischen Gesellschaften Europas.
Darüber hinaus ist Russland aufzufordern, seinen Einfluss auf seinen engen Verbündeten Lukaschenka geltend zu machen. Die jüngst in Minsk zum Tode Verurteilten dürfen nicht hingerichtet werden. Nicht nur, weil die Todesstrafe nicht in das europäische Werteverständnis passt, sondern weil größte Zweifel an der Schuld der Verurteilten für das Bombenattentat in der Minsker Metro bestehen.