Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Aserbaidschan vereitelt OSZE-Wahlbeobachtung

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(c) ODIHR

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Zur Absage der OSZE-Wahlbeobachtungsmission für die bevorstehende Parlamentswahl in Aserbaidschan erklärt Marieluise Beck, Sprecherin für Osteuropapolitik:

Das autoritäre Regime in Baku hat versucht, nur eine stark reduzierte Zahl an Wahlbeobachterinnen und Wahlbeobachtern des Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte der OSZE (ODIHR) ins Land zu lassen. Dies kann nur als Versuch gewertet werden, eine effektive Beobachtung der Wahl durch die OSZE verhindern zu wollen. Aserbaidschan verstößt damit gegen die Selbstverpflichtung aller OSZE-Teilnehmerstaaten, eine unabhängige Wahlbeobachtung ohne Beschränkungen zuzulassen. Die Entscheidung von ODIHR, sich nicht zum Teil einer Farce zu machen, sondern klar zu benennen, ab wann eine seriöse und unabhängige Wahlbeobachtung unmöglich ist, ist richtig.

Deshalb ist auch die gleichzeitige Absage der Wahlbeobachtung durch das Europäische Parlament konsequent. Europaparlament und die Parlamentarischen Versammlungen von OSZE und Europarat sind für eine seriöse Beurteilung von Wahlen auf die professionelle und fundierte Lang- und Kurzzeitbeobachtung durch ODIHR angewiesen. Die Parlamentarier bekommen mit der Beobachtung des Wahltags nur einen Ausschnitt des gesamten Wahlprozesses zu Gesicht. Die technische Durchführung der Wahlen am Wahltag selber sagt wenig aus über das Umfeld und Klima, in dem eine Wahl stattfindet. Die Erfahrung zeigt, dass Wahlmanipulationen oft langfristig angelegt werden und deshalb für die Beurteilung einer Wahl unter anderem Wahlgesetze, das politische Klima in einem Land, die Lage der Meinungs- und Pressefreiheit, bis hin zu den Registrierungsverfahren für die Kandidatinnen und Kandidaten berücksichtigt werden müssen.

Für die Parlamentarische Versammlung des Europarats wäre es richtig, der OSZE und dem Europäischen Parlament zu folgen und die eigene Beobachtungsmission abzusagen.

Die Vereitelung der OSZE-Wahlbeobachtung durch das Regime Ilham Alijews passt ins Bild der sich verschärfenden Repressionen in Aserbaidschan. Das Land entfernt sich immer weiter von dem Konsens über Demokratie und Menschenrechte, den die europäischen Staaten mit der Charta von Paris und im Rahmen des Europarats geschlossen haben. Seit 2013 geht das Regime in Baku mit einer Verhaftungswelle gegen MenschenrechtlerInnen, unabhängige JournalistInnen und Oppositionelle vor. Viele von ihnen wurden in Schauprozessen auf Grundlage fingierter Vorwürfe zu drakonischen Haftstrafen verurteilt. Menschenrechtsverteidiger sprechen von über hundert politischen Gefangenen in Aserbaidschan. Auch international bekannte Regimekritikerinnen wie die Menschenrechtlerin Leyla Yunus und die Journalistin Khadija Ismayilova wurden jüngst zu acht bzw. siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt. Weitere Regimekritiker flüchteten vor der politischen Verfolgung ins Ausland. Gesetze zur Versammlungsfreiheit wurden soweit verschärft, dass öffentlicher Protest kaum noch möglich ist.

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