Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Weißrussland: eine Wahl, die keine war

Zu den Präsidentschaftswahlen in Weißrussland erklärt Marieluise Beck, Sprecherin für Osteuropapolitik:

Auch im 21. Jahr seiner autoritären Herrschaft lässt Alexander Lukaschenko unverändert eine Wahl abhalten, die keine war. Im Gegensatz zur vorhergehenden Präsidentschaftswahl waren noch weniger Vertreter der Opposition in den offensichtlich parteiischen Wahlkommissionen vertreten. Die Möglichkeit zur mehrtägigen vorzeitigen Stimmabgabe öffnete Manipulationen Tür und Tor. Die Stimmauszählung ließ sich praktisch nicht überprüfen.

Dabei hatte Präsident Lukaschenko trotz schwerer Wirtschaftskrise kaum mit Gegenwind zu rechnen. Repressionen gegen politische Opponenten waren diesmal nicht nötig. Denn die Opposition hat sich von der brutalen Repressionswelle nach den Präsidentschaftswahlen 2010 nicht wieder erholt. Ihre führenden Köpfe waren bis kurz vor der Wahl in Haft oder sind außer Landes getrieben worden. Zudem herrscht in der Bevölkerung die Sorge, dass der Kreml auf demokratische Bestrebungen ähnlich reagieren könnte, wie auf den Euromaidan in der Ukraine. Die Menschen haben sich ins Private zurückgezogen.

Wenn nun nach der Freilassung der letzten politischen Gefangenen über eine Anpassung der Politik der EU nachgedacht wird, darf nicht unterschlagen werden, dass die Lage für Demokratie und Menschenrechte in Weißrussland unverändert schlecht ist. Die derzeitige Hinwendung von Präsident Lukaschenko zum Westen ist noch kein Signal für einen demokratischen Wandel. Vielmehr ist sie Ausdruck der schweren politischen und wirtschaftlichen Krise, in die das Land in 21 Jahren Stagnation geraten ist. Unterstützung für das Land und seine Unabhängigkeit sollten deshalb unter Einbeziehung der Zivilgesellschaft geschehen und mit der Erweiterung von demokratischen Spielräumen in Weißrussland verbunden werden.

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