Zum 19. Jahrestag des Völkermords von Srebrenica erklört Marieluise Beck, Sprecherin für Osteuropapolitik:
Der Völkermord in Srebrenica steht für die fatalen Folgen ethno-nationalistischer Politik. Diese setzt auf Expansion und ethnisch begründete Grenzverschiebung. Entgrenzte Gewalt, Vertreibungen und Massaker sind die grausamen Folgen. Auch heute mahnt uns Srebrenica, konsequent gegen Nationalismus und gewaltsame Grenzverschiebungen einzutreten.
Es ist unverantwortlich, dass die politische Elite in der Westbalkanregion bis heute zur Machtsicherung auf Misstrauen und Hass zwischen den Volkgruppen setzt. Zu Recht protestierte die bosnische Zivilgesellschaft gegen den Empfang der bosnisch-kroatischen Partei HDZ für den verurteilten Kriegsverbrecher Dario Kordić, der wie einen Volksheld gefeiert wurde. Ebenso befremdlich war der Boykott serbischer Politiker des internationalen Gedenkens in Sarajevo an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Die Gegenveranstaltung in der Serbentum-Phantasiestadt Andrićgrad mit dem serbischen Regierungschef Aleksandar Vucić und dem Präsidenten der Republika Srpska, Milorad Dodik, war ein schlechtes Signal für alle Bemühungen um Versöhnung.
Die nationalistischen Politiker haben offensichtlich die Zeichen der Zeit nicht verstanden. Die bosnischen Sozialproteste zu Beginn des Jahres haben gezeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger Nationalismus und Stillstand satt haben. Sie fordern eine Politik, die endlich die schweren wirtschaftlichen und sozialen Probleme des Landes angeht.
Aber auch andernorts in Europa stellen nationalistische Kräfte Staatsgrenzen in Frage und gefährden damit den Frieden. Die Europäische Union ist aufgerufen, jeglichem Nationalismus klar entgegen zu treten, Aufarbeitung und Versöhnung nach Kräften zu unterstützen und die Unversehrtheit von Staatsgrenzen als unantastbares Friedensprinzip zu verteidigen.