Am 2. September traf Marieluise Beck Nadeschda Kutepowa, Gründerin der NGO „Planet Hoffnung“ aus der Region Tscheljabinsk. Seit 10 Jahren kämpft diese russische NGO um die Umwelt- und Menschenrechte der Strahlenopfer in der Umgebung der Nuklearanlage „Majak“.
Der Name „Majak“ (auf Russisch „Leuchtturm“) ist - im Unterschied zu Tschernobyl und Fukushima - kaum der breiten Öffentlichkeit bekannt. Er ist aber in einer Reihe mit diesen Atomkatastrophen zu nennen. Denn „Majak“ steht für den schwersten Nuklearunfall vor dem GAU von 1986.
1957 ereignete sich in der geheimen Nuklearfabrik, die von Gulag-Häftlingen im südlichen Ural errichtet wurde, eine Explosion. Ein Territorium von circa 20 000 km 2 mit 217 Ortschaften und ca. 270 000 Einwohnern wurde dabei radioaktiv verseucht. Einige Tausende Menschen wurden schnell umgesiedelt. Ansonsten hielt die Sowjetunion das Atomunglück geheim.
Erst nach der Perestroika erfuhr die Öffentlichkeit von der Katastrophe und ihrem Ausmaß. Auf dem verstrahlten Territorium, das von der Atomanlage auch ohne Unfälle Jahrzehnte lang verseucht wurde und immer noch als einer der am stärksten kontaminierten Orte der Erde gilt, leben bis heute Menschen. Viele von ihnen leiden unter Krankheiten, die durch die Radioaktivität verursacht wurden. Im Kampf um die Anerkennung als Strahlenopfer haben sie oft mit Missachtung und Willkür seitens der Behörden zu tun.
Nadeschda Kutepowa berichtete, wie „Planet Hoffnung“ diesen Menschen hilft, Gerechtigkeit zu erlangen. Die NGO unterstützt die Einwohner des verstrahlten Gebiets dabei, einen Zusammenhang zwischen den Krankheiten und Radioaktivität nachzuweisen, vom Staat als Opfer des Atomunglücks anerkannt zu werden und eine angemessene Entschädigung zu erhalten.
Unter fehlenden rechtsstaatlichen Verhältnissen in Russland gestaltet sich diese Arbeit oft sehr schwer. „Wenn die russische Justiz versagt, wenden sich die Menschenrechtler an den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof. Mehrere Dutzende Fälle von Majak-Betroffenen sind bereits in Straßburg“, so Kutepowa.
Desweiteren ging es im Gespräch mit der Menschenrechtsaktivistin darum, wie die grüne Politik ihre Arbeit unterstützen kann. Die Bremer Abgeordnete erinnerte daran, dass die Bundesregierung im vergangenen Herbst kurz davor war, Atommüll aus ehemaligen DDR-Forschungsanlagen, der in Ahaus zwischengelagert wurde, über Bremen nach Majak zu entsorgen. Die Absage des Transports gibt den Umweltschützern, die schon seit vielen Jahren vor der Billigentsorgung in die stark verseuchte Region warnen, nun einen Grund zum Aufatmen. Weitere kritische Begleitung und Engagement sind allerdings notwendig, damit die Geschichte von Majak nicht in Vergessenheit gerät und auch in Zukunft kein Atommüll in die Risikoanlage transportiert wird.