Zu der Verhaftung des Vorsitzenden der weißrussischen Menschenrechtsorganisation Viasna, Ales Bialiatsky, erklärt Marieluise Beck , Sprecherin für Osteuropa:
Der letzte Diktator Europas, der weißrussische Präsident Lukaschenko, hat wieder zugeschlagen. Nachdem fast alle führenden Köpfe der politischen Opposition in Haft sind, wurde unter dem Vorwand der "Steuerhinterziehung" nunmehr der Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation Viasna in Belarus verhaftet. Doch es handelt sich hier nicht nur um die causa Lukaschenko, sondern es geht auch um die causa Litauen und damit die causa EU.
Die Europäische Union hatte nach den gefälschten Wahlen vollmundig angekündigt, dass sie nun die Zivilgesellschaft mit doppelter Kraft unterstützen werde. Allerdings scheint sie kaum damit vertraut zu sein, Dissidenten zu unterstützen, die unter den Bedingungen einer Diktatur arbeiten müssen. Wer, wie in Belarus, kaum eine Chance auf Registrierung hat, ist auf findige Finanzierungswege angewiesen. Doppelte Buchführung und Vorlage beim Präsidenten, sind nicht die Arbeitsweise, die für die weißrussische Opposition angesagt wären.
Wenn ein Land wie Litauen, das der EU angehört und damit die beschlossene Isolierung des Regimes Lukaschenko teilen sollte, "Amtshilfe" leistet, indem es hilft Finanzierungswege für Viasna aufzuspüren, dann konterkariert dies die außenpolitischen Beschlüsse der EU.
Die Erklärungen der litauischen Regierung, man habe bei Ales Bialiatsky nicht gewusst, um wen es sich handele, sind skandalös. Im besten Falle kann man der litauischen Regierung unverzeihliche Naivität zuschreiben, im schlimmeren Falle reine Machtpolitik konstatieren, die um den Willen guter Beziehungen zum Nachbarn bereit ist, belarussische Dissidenten ans Messer zu liefern.
Bundesaußenminister Westerwelle ist aufgefordert, diesen Vorgang im Rahmen des EU-Ministerrats zu thematisieren und sich für die sofortige Freilassung von Ales Bialiatsky einzusetzen. Außerdem muss die Bundesregierung die von ihr zugesagten Finanzmittel für die unbürokratische Handhabung einsetzen, damit diese auch tatsächlich der belarussischen Zivilgesellschaft zugute kommen.