Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Europarat: M. Beck fordert in der Libanon-Debatte eine neue "road map"

Auf der Parlamentarische Versammlung des Europarate vom 2. bis 6. Oktober in Strasbourg äußert sich Marieluise Beck in der Debatte zum Bericht "Neueste Entwicklungen im Libanon im Kontext der Situation im Nahen Osten"des Schweden Göran Lindblatt:

Schönen Dank, Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich bin dem Kollegen Lindblad sehr dankbar, dass er einen so klugen und ausgewogenen Bericht vorgelegt hat, und wenn ich mich richtig erinnere, dann ist er im politischen Ausschuss auch einstimmig angenommen worden. Das Drama im Nahen Osten ist die Tatsache, dass wir es hier mit einem Krieg zu tun haben oder gehabt haben, in dem die von der UNO anerkannten Grenzen von 1948 nicht umstritten waren.

Es hatte sich Prosperität zwischen dem Norden Israels und dem Süden des Libanon entwickelt. All dies wurde zerstört, unter anderem auch deshalb, weil die Souveränität des Libanon deutlich unterwandert wurde, nämlich durch eine Hisbollah, die in großer Seelenruhe und – das ist das Schreckliche – unter den Augen der UNIFIL, für welche die internationale Gemeinschaft zuständig ist, ihre Waffenarsenale ausbauen und aus dem Südlibanon immer wieder den Norden Israels angreifen konnte.

Auf der anderen Seite sehen wir, dass es in dieser Region fast kein Vertrauen mehr gibt. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Die Palästinenser leben mit einer oft unverhältnismäßig scheinenden Härte durch die israelische Seite. Wir wissen auch, dass das Besatzungsregime das tägliche Leben miteinander vergiftet. Dies ist auch eine der Ursachen des Extremismus der den Dialog unmöglich macht.

Auf der anderen Seite aber haben Bürgerinnen und Bürger Israels einen Rückzug erlebt, aus dem Gaza-Streifen sowie aus dem Libanon, welcher nicht zu Friedlichkeit geführt haben; die Zahl der Angriffe hat sich sogar erhöht. Wer dies als Regierung seinen Bürgern erklären muss, hat ein Problem wenn weitere Schritte in Richtung Rückzug, Versöhnung und Rückgabe von Gebieten gegangen werden müssen, und dies auch zwingend notwendig ist.

Ich glaube, es gibt kaum einen Konflikt auf dieser Erde, bei dem die Lösung letztlich allen so klar ist. Es geht nur um zwei Staaten; es kann nur einen Staat Palästina und einen Staat Israel geben, und das ist auch sowohl den Palästinensern als auch den Bürgerinnen und Bürgern in Israel vollkommen klar. Wie kann es nur sein, dass dann der Weg zu dieser Lösung scheinbar immer noch verstellt ist?

Ich bin sehr froh, dass Europa mit den UNIFIL-Truppen eine stärkere politische Verantwortung übernimmt, und sich mit ihnen auch verpflichtet. Wir wissen, dass Militär nie Frieden schafft, aber wir wissen inzwischen, dass Militär so viel Sicherheit geben kann, dass die Voraussetzungen geschaffen werden können, um den Dialog und die Suche nach Frieden wieder zu ermöglichen.

Wie schwer ein solcher Dialog ist, hat der politische Ausschuss vor zwei Wochen in der Türkei erlebt, als irakische Parlamentskolleginnen und -kollegen nicht bereit waren, in einem Raum zu sprechen, in dem sich eine Israelin aufhielt. So etwas können wir als Europarat, der Gleichheit und Menschenrechten verpflichtet ist, nicht akzeptieren.

Europa hat eine Verpflichtung übernommen. Es muss eine neue road map auf diesem Weg zur Zweistaatlichkeit begonnen werden. Noch ein Wort zum Schluss: Wir haben es auch mit dem Iran zu tun. Wir kennen die Verbindung zwischen Hisbollah und Iran. Deswegen stellt sich die Frage, ob es wirklich nur um den palästinensisch-israelischen Konflikt geht, oder ob dahinter nicht eine viel größere und noch gefährlichere Auseinandersetzung steht, nämlich die Auseinandersetzung zwischen der säkularen westlichen Welt und einer politisch-islamisch orientierten Welt. Dieser Konflikt geht auch uns mit unseren eigenen Interessen sehr viel an.