Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Todestag von Anna Politkowskaja

Noch immer ist der Mord an der mutigen Journalistin nicht aufgeklärt. Die bisherigen Bemühungen der Behörden waren wenig glaubwürdig. Die Forderung nach Aufklärung muss bekräftigt werden.

Vor einem Jahr, am 07. Oktober 2006, verlor die russische Medienlandschaft eine ihrer mutigsten und aufrechtesten Vertreterinnen: die Journalistin Anna Politkowskaja wurde von einem Unbekannten im Aufzug ihres Wohnhauses erschossen. Der Mord löste vor allem im Westen große Betroffenheit aus. Politkowskaja war durch deutliche Kritik an der russischen Regierung und vor allem am Tschetschenien-Krieg immer wieder in Erscheinung getreten, so mit dem Buch: "Tschetschenien - die Wahrheit über den Krieg". Für ihre Recherchen wurde sie mit internationalen Preisen ausgezeichnet. Welcher Gefahr sie sich mit ihrer Arbeit aussetzte, bekam sie mehrfach zu spüren: Im Jahr 2001 erhielt sie Morddrohungen; 2004 überlebte sie eine Vergiftung. 

Ihr Tod und die bisher mangelnde Aufklärung stehen symptomatisch für die Risiken eines kritischen Journalismus sowie das Fehlen einer effektiven Strafverfolgung und unabhängigen Justiz in Russland. Die meisten der an Journalisten begangenen Morde sind bislang unaufgeklärt. Die Ermittlungen im Fall des Kommersant-Journalisten Iwan Safronow, der im März angeblich durch Selbstmord umkam, wurden eingestellt, die Möglichkeiten einer Straftat gar nicht erst untersucht. Als Generalstaatsanwalt Tschaika vor einem Monat der Öffentlichkeit erstmals zehn Verdächtige im Mordfall Politkowskaja präsentierte, entpuppten sich die Vorwürfe rasch als voreilig, der vermeintliche Erfolg als Blamage. Mittlerweile gibt es neue Spuren, aber keine Gewissheit. Umso nachdrücklicher muss unsererseits die Forderung nach Aufklärung bekräftigt werden.

An dem politischen System, das Anna Politkowskaja kritisierte, wird sich in naher Zukunft nichts ändern. Stimmen wie ihre, die es in Russland nach wie vor gibt, finden immer weniger offene Kanäle. Sie gilt es zu stärken und  zu unterstützen, damit sie noch zu denen durchdringen können, die Schau-Parteitage und pompöse Fernsehbilder nicht überzeugen.

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