Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Rede von Salam Fayyad auf der Herzliya Konferenz in Israel 2010

Er habe eigentlich eine Diskussion erwartet und findet sich jetzt hinter einem Rednerpult wieder… Spricht ohne schriftliches Manuskript:

Minister Barak habe die Perspektiven einer Zwei-Staaten-Lösung aus einer israelischen Perspektive vorgetragen. Die Palästinenser müssen von dieser Lösung nicht überzeugt werden. Sie haben Israels Existenzrecht bereits anerkannt und erhebliche Vorleistungen für die Sicherheit Israels erbracht. Aber was „wir Palästinenser nicht im Gegenzug bekommen haben, ist Israels Anerkennung unserer Rechte.“

Der Oslo-Prozess eröffnete die Perspektive eines palästinensischen Staates ohne klare Festlegung. Erst mit der Deklaration von Präsident Bush im Jahr 2002, dass ein lebensfähiger palästinensischer Staat an der Seite Israels das Ergebnis von Verhandlungen sein muss, sei dieses Prinzip für alle Seiten unwiderruflich geworden.

Wie für Israel sei auch für die Palästinenser das Recht auf ein Leben in Selbstbestimmung und Würde unverhandelbar, in friedlicher Nachbarschaft mit Israel. Sicherheit und Stabilität seien anerkannte Prinzipien – es werde für Israel aber keine dauerhafte Sicherheit geben ohne die Anerkennung eines palästinensischen Staates.

Heute steckt der politische Prozess in einem Engpass – mehr als 16 Jahre nach Oslo sind die Verhandlungen zum Erliegen gekommen. Welche Lektionen müssen aus dem Scheitern vergangener Anläufe gezogen werden? Es muss zu Beginn von Verhandlungen klar sein, was am Ende erreicht werden soll: Ein Ende der Besatzung und die Errichtung eines palästinensischen Staates. Es braucht Garantien für die palästinensische Staatlichkeit.

Seine Politik zielt auf den Aufbau eines palästinensischen Staates in allen Aspekten: Sicherheit, Recht und Ordnung, effektive Verwaltung, ökonomische Entwicklung.

Sicherheit gibt es nicht allein für Israel, sondern nur für beide Parteien gemeinsam. Darüber hinaus ist Sicherheit nicht nur bilateral zu definieren, sondern muss eine regionale Dimension haben.

Siedlungsaktivitäten finden genau dort statt, wo künftig palästinensische Souveränität herrschen soll – das passt nicht zusammen. Die palästinensische Öffentlichkeit kann nicht überzeugt werden, dass am Ende von Verhandlungen ein palästinensischer Staat stehen wird, so lange die Siedlungsaktivitäten weitergehen.

Fayyad schlägt die schrittweise Ausdehnung der palästinensischen Sicherheitsverantwortung auf weitere Gebiete vor.

Jerusalem: „Ostjerusalem, Ladies & Gentlemen, gehört zu den 1967 besetzten Gebieten“ und ist damit integraler Bestandteil des palästinensischen Gebiets und muss deshalb in Verhandlungen über ein Endstatus-Abkommen einbezogen werden.

Weshalb machen die Palästinenser diesmal so viel „fuzz“ um den Siedlungsbau? Weil sich daran die Bereitschaft Israels zeigt, einen palästinensischen Staat auf der Basis der Grenzen von 1967 anzuerkennen. Siedlungen nähren die Zweifel an der Bereitschaft Israels „to deliver“. Auch die Palästinensische Autonomiebehörde steht unter Druck gegenüber der eigenen Bevölkerung, Ergebnisse vorzuweisen.

Es gehe nicht um Ausrufung eines Staates, sondern um realen Aufbau eines Staates. Das sei die Aufgabe der Palästinenser, die ihnen niemand abnehmen kann. Die Idee ist, innerhalb von zwei Jahren (also bis Ende 2011) die Voraussetzungen für die Staatsgründung (statehood) im Hinblick auf Sicherheit, Finanzmanagement, Infrastruktur, soziale Dienstleistungen etc. zu schaffen. Durch diesen Aufbau von unten („bottom up“) wird zugleich Druck für eine politischen Durchbruch im Verhandlungsprozess (top down) aufgebaut. Das ist die simple und transparente Logik seiner Politik.

Eine Wiedervereinigung Palästinas ist notwendig, die Spaltung zwischen Westbank und Gaza muss überwunden werden. Er hält es für notwendig, den Belagerungszustand gegenüber Gaza zu beenden – das wird eine positive Dynamik erzeugen. Erst dann sind allgemeine und faire Wahlen möglich, die von der palästinensischen Verfassung gefordert werden. Die Palästinensische Autonomiebehörde kann positiven Einfluss auf die Entwicklung im Gaza Streifen ausüben, aber dafür muss die Blockade aufgehoben werden.

„Wir sollten uns nicht in entgegen gesetzten historischen Erzählungen und Wahrheiten verlieren.“ Entscheidend ist eine neue, gemeinsame Vision: nebeneinander in Frieden zu leben.

Starker Beifall