Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Notizen von der Herzliya-Konferenz 2010

Anfang Februar fand die zehnte internationale Herzliya-Konferenz statt. Es handelt sich um die prominenteste politische Tagung in Israel, ein Tummelplatz für Politiker, Militärs und die Think-Tank-Gemeinde aus Europa und den USA. Die amerikanische Präsenz ist traditionell hoch. Ähnlich wie die Münchner Sicherheitskonferenz gilt auch das Treffen in Herzliya als Pulsmesser für Trends und Diskussionen im politischen Establishment. Auch deshalb ließ die Auswahl des neuen Vorsitzenden der Konferenz aufhorchen. Danny Rothschild ist ehemaliger Generalmajor mit einer langen Karriere in der israelischen Armee. Zugleich spielte er eine maßgebliche Rolle bei den Verhandlungen über ein Friedensabkommen mit Jordanien und war an zahlreichen offiziellen und inoffiziellen Gesprächen mit palästinensischen Repräsentanten beteiligt. Er gilt als überzeugter Vertreter einer Zwei-Staaten-Lösung und genießt auch Ansehen in der arg gebeutelten israelischen Friedensbewegung.

Während in früheren Jahren die klassischen sicherheitspolitischen Themen dominierten, wird inzwischen auch über Klimawandel, „Oil Independence“, Israels Potential für grüne Technologien oder die Reform des Bildungssystems diskutiert. Im Zentrum stehen aber nach wie vor der israelisch-pälästinensische Konflikt und die krisenhafte Entwicklung im Nahen Osten. Dabei rücken der Aufstieg des Iran zur Hegemonialmacht am Golf und die nuklearen Ambitionen Teherans immer stärker in den Vordergrund.

In der Auseinandersetzung mit dem Iran und seinen Verbündeten wird die neue zentrale Konfliktachse der Region gesehen. In diesem Licht erscheint auch der Konflikt mit Hamas und Hizbollah als Teil einer größeren Konfrontation, die Israel bedroht und zugleich Chancen für neue formelle oder informelle Koalitionen mit anderen Staaten der Region eröffnet. Manche denken, dass der israelisch-palästinensische Konflikt weniger dringlich geworden sei, weil inzwischen für die meisten arabischen Staaten die Eindämmung des Irans absoluten Vorrang habe. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Ein historischer Kompromiss mit den Palästinensern und ein Friedensschluss mit Syrien sind vor diesem Hintergrund umso dringender geworden.

Wir dokumentieren Mitschriften von einem Highlight der Konferenz: die Reden des ehemaligen Ministerpräsidenten und heutigen Verteidigungsministers Ehud Barak sowie des Premierministers der „Palestinian Authority“, Salam Fayyad .

Barak war bemüht, sein Profil als Verfechter einer Zwei Staaten Lösung wieder etwas zu polieren, das doch sehr gelitten hat. Ein historischer Kompromiss mit den Palästinensern sei notwendig, um die Zukunft Israels als jüdischer und demokratischer Staat zu sichern. Allerdings klammerte hat er alle konkreten Konfliktfragen aus. Dagegen präsentierte Fayyad  eine klare Strategie: zügiger Aufbau eines palästinensischen Staates „von unten“ parallel zu Verhandlungen über eine abschließende Regelung des Konflikts. Dafür braucht er allerdings die Kooperation Israels, praktisch wie politisch.

Die großen Streitfragen auf dem Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung – Jerusalem, die Zukunft der großen israelischen Siedlungen in der Westbank, das "Recht auf Rückkehr“ für die palästinensischen Flüchtlinge von 1948 – bleiben; ebenso das Problem der Spaltung zwischen der Westbank und Gaza, PLO und Hamas. Die „Palestinian Authority“ steht auf schwachen Füßen, und Premierminister Netanyahu war bislang nicht einmal willens (oder fähig), einen konsequenten Siedlungsstop zu verhängen. Vor Ort überwiegen die skeptischen Stimmen deutlich die optimistischen.