Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Tag der Pressefreiheit: Schlechte Nachrichten für Russland

Der Internationale Tag der Pressefreiheit hat die schlechte Lage der Medien in Russland wieder verdeutlicht: am Vorabend des 3. Mai veröffentlichte die amerikanische Menschenrechtsorganisation Freedom House ihr jährliches Rating, in dem Russland sich auf dem 164. Platz von 195 wiederfand. Russland rutschte im Vergleich zum Vorjahr um sechs Punkte nach unten und befindet sich damit in Gesellschaft mit Ländern wie Aserbajdschan, Togo oder Tadschikistan.

Inzwischen zählt das Komitee zum Schutz der Journalisten in New York Russland zu den zehn Ländern, in denen die Pressefreiheit ehesten bedroht ist.

Die Medienlage in Russland hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert. Das Moskauer Zentrum für Investigativen Journalismus liefert seit Jahren eine tragische Statistik der Angriffe auf Redaktionen und einzelne Journalisten. Oft geht es dabei um schwere körperliche Verletzungen mit zum Teil tödlichen Folgen. In den letzten fünf Jahren wurden elf russische Journalisten ermordet. Keiner dieser Fälle konnte bis heute aufgeklärt werden. Russische Journalisten fühlen sich nicht nur bedroht, wenn sie sich kritisch äußern, sondern auch, wenn sie aus „unerwünschten“ Orten berichten. Der Umgang mit Massenmedien wurde während der Protestaktionen in Moskau am 14. April deutlich, bei denen Reporter, Fotografen und Kameraleute von der Polizei verprügelt wurden, unter ihnen auch deutsche Journalisten.

Professioneller Journalismus mit der objektiven Berichterstattung ist im heutigen Russland unerwünscht. Die renommierte Organisation „Internews“, die schon Tausende von russischen Journalisten ausgebildet hat, wurde vor Kurzem von der Polizei durchgesucht, ihre Datenträger beschlagnahmt und die Leiterin wegen illegaler Deviseneinfuhr angeklagt.

Solche Methoden führen dazu, dass die russischen Medien immer mehr gleichgeschaltet werden. Während in der Presse noch eine bestimmte Vielfalt von Meinungen anzutreffen ist, unterscheiden sich die elektronischen Medien kaum von einander. „Im Fernsehen wird der Journalismus zu 90 Prozent durch Propaganda ersetzt“, sagte Igor Jakowenko, Vorsitzender des Journalistenverbands Russlands der Zeitung „Kommersant“. „Diese Bedingungen erzeugen auch Selbstzensur – wenn man seine Arbeit nicht verlieren will, begreift man schnell, wie über Tschetschenien, Putin oder Estland zu berichten ist“. Wie die Analytiker von Freedom House hervorheben, könnte auch das Internet in Russland bald unter staatlicher Kontrolle geraten. Bestimmte Webseiten, die als alternative Nachrichten- und Informationsquellen gelten, wurden in den letzten Jahren nicht nur einmal Opfer von Hackern.

Thema: