Marieluise Beck

ehem. Mitglied des Deutschen Bundestags

Russischer Rechtsstaat vor Gericht in Straßburg

Zum Auftakt der Anhörung in der Sache Jukos gegen Russland beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof erklärt Marieluise Beck, Sprecherin für Osteuropapolitik:

Nicht nur die bislang einmalige Klagesumme von knapp 100 Milliarden US-Dollar, sondern auch die politische Dimension des Falls ist von erheblicher Tragweite für die russische Führung.

Die Zerschlagung des einst erfolgreichen Ölkonzerns unter dem Vorwand der Steuerhinterziehung diente der Rückgewinnung der staatlichen Kontrolle im russischen Energiesektor. Die Vermögenswerte von Jukos wurden zum wesentlichen Teil an ein vom Kreml kontrolliertes Unternehmen umverteilt. Seit Jahren versucht Russland, die Zerschlagung des Konzerns im Rahmen von Strafprozessen zu rechtfertigen. Diese widersprechen nicht nur rechtsstaatlichen Normen, sondern auch den Gesetzen der Logik.

Nun ist die russische Führung selbst einem Prozess ausgesetzt. Dabei kann sie nicht auf eine von ihr abhängige Justiz rechnen, die sich politisch missbrauchen lässt und selektiv handelt. Der Kreml muss vor einem internationalen Menschenrechtsgerichtshof Rede und Antwort stehen.

Nun wird auf der Grundlage der Europäischen Menschenrechtskonvention entschieden werden, ob die vom Kreml betriebene Renationalisierung im Energiesektor rechtsstaatlichen Standards, denen sich Russland als Mitglied des Europarats verschrieben hat, stand hält.

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